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Kurzinfos März 2020



Die EU blockierte Export von medizinischem Material in Efta-Staaten

In Zeiten der Coronavirus-Krise funktioniert der EU-Binnenmarkt nicht mehr reibungslos. Das hat auch die Schweiz zu spüren bekommen. So blockierte Deutschland zeitweise Lieferungen von Schutzprodukten in die Schweiz, und Ausfuhren aus der EU unterlagen Mitte März einer Bewilligungspflicht. Am 20. März 2020 entschied die EU-Kommission, dass die Schweiz und die anderen drei Efta-Länder Norwegen, Liechtenstein und Island dieser Pflicht nicht mehr unterliegen. Ab dem 21. März soll die Schweiz gemäss Entscheid in dieser Hinsicht wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt werden. Aufgrund der eng verflochtenen Wertschöpfungsketten und Distributionsnetzwerke für medizinische und persönliche Schutzausrüstungen habe die EU-Kommission entschieden, die vier Efta-Staaten von den Ausfuhrgenehmigungsanforderungen auszunehmen.

Die Mitgliedstaaten können grundsätzlich Exporte bewilligen, sofern dadurch nicht die Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte in der EU gefährdet wird. Die Kommission empfiehlt, dass auch humanitäre Organisationen in Drittstaaten in den Genuss von Bewilligungen kommen sollen. Man erwarte nun im Gegenzug, dass sämtliche anderen nationalen Exportbewilligungspflichten oder -verbote der EU-Mitgliedstaaten aufgehoben würden, schreibt die Kommission weiter. Und tatsächlich teilte beispielsweise das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bereits am 19. März 2020 mit, dass die deutsche Regelung aufgehoben würde, da es nun eine EU-weite Handhabe gebe.

Die angepasste Verordnung verlangt jedoch auch, dass die neu zum EU-Binnenmarkt hinzugezählten Länder wie die Schweiz ihre Exporte so kontrollieren, dass der Bedarf innerhalb der EU weiter gewährleistet ist.

Zuvor hatten mehrere Länder, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, einen Exportstopp für medizinisches Schutzmaterial verfügt, um sicher genügend Ware für die eigene Bevölkerung zu haben.

Die EU-Kommission ihrerseits verabschiedete am 15. März eine allgemeine Bewilligungspflicht für den Export von fünf verschiedenen Schutzgütern aus der EU. Wer also in einem Nicht-EU-Land etwa Atemschutzmasken aus der EU importieren wollte, musste dafür eine Bewilligung des exportierenden Mitgliedstaates haben. Das betraf auch die Schweiz, da sie als Drittstaat eingestuft worden war. In den zwei Wochen darauf wurden mehrere Lieferungen an Schutzmaterial an der Schweizer Grenze aufgehalten: In Deutschland blockierten die Zollbehörden einen Lastwagen, der 240 000 Schutzmasken und weiteres medizinisches Material in die Schweiz hätte transportieren sollen. Ebenfalls beschlagnahmte Frankreich eine Lieferung mit Schutzmasken, die ein privates Schweizer Unternehmen in die Schweiz importieren wollte. NZZ, 21. März 2020, S. 13.


Russland, China und Kuba helfen Italien im grossen Stil – die Europäer sind zurückhaltender

Moskau schickte eine Sanitätseinheit der Armee zum Kampf gegen das Coronavirus, insgesamt 120 Ärzte und Pfleger mit Spezialisten für Infektionskrankheiten. 14 Flugzeuge landeten bis zum 24. März 2020 in Italien, darunter zwei Grosstransporter des Typs Il-76. Die Russen brachten laut der Agentur Sputnik News ein ganzes Container-Spital mit, samt 100 Beatmungsgeräten und 500 000 Gesichtsmasken und weiterem Material.

Aus Havanna landete am 21. März 2020 eine Sondermaschine der Alitalia auf dem Flughafen Mailand-Malpensa, mit 53 Personen des kubanischen medizinischen Dienstes an Bord. Die Hälfte sind Spezialisten für die Behandlung von Infektionskrankheiten und Wiederbelebung, einige haben laut dem Parteiorgan «Granma» in Afrika Erfahrungen mit Ebola gesammelt. Sie wurden, auf Einladung der Region Lombardei, in einem vom italienischen Zivilschutz aufgebauten Feldspital in Crema eingesetzt, in einer von der Epidemie besonders betroffenen Gegend der Lombardei.

Die Kubaner waren weniger gut ausgerüstet, sie hatten keine warmen Kleider eingepackt. Lokale Sportvereine haben Trainingsanzüge zur Verfügung gestellt, zudem sollen die wegen der Seuche ohnehin geschlossenen Modegeschäfte in Crema Kleider spenden. Jedoch haben die Kubaner das Medikament Interferon Alfa 2B dabei. Sie haben es schon in China gegen das Coronavirus eingesetzt und wollen es jetzt in Italien weiter testen.

Die Ersten aber waren die Chinesen, eine kleine Delegation von neun Fachleuten, die in Wuhan Erfahrungen mit dem Coronavirus gesammelt hatten. Sie brachten ausser wertvollem Expertenwissen laut der Agentur Xinhua 700 Beatmungsmaschinen und weiteres medizinisches Gerät mit. Der italienische Aussenminister Luigi Di Maio lobte die chinesische Solidarität.

Schlagzeilen machte in Italien der Vizepräsident des Chinesischen Roten Kreuzes, Sun Shuopeng, der an einer Pressekonferenz in Mailand erklärte, die Massnahmen der Italiener zur Epidemiebekämpfung seien, «gemäss unseren Standards», also den chinesischen, ungenügend. «Es muss schnell gehen, man muss das ganze Wirtschaftsleben stoppen und den Verkehr anhalten», erklärte er an einer Pressekonferenz in Mailand zuhanden der italienischen Regierung in Rom. Ein paar Tage später wurde seine Empfehlung dann umgesetzt.

Mehrheitlich durch Abwesenheit glänzen derweil die europäischen Länder. Deutschland hat Italien zwar 300 Beatmungsgeräte geschickt und auch aus anderen EU-Staaten wurde vereinzelt Material geliefert. Doch namentlich Russland tat weit mehr. Es liefert ein ganzes Spital mitsamt Ärzten und Pflegern. Solche dringend benötigte personelle Unterstützung hat aus der näheren oder weiteren Nachbarschaft offenbar niemand geschickt, jedenfalls ist das in den italienischen Medien kein Thema. In Italien fühlte man sich deshalb von den Partnern in der EU im Stich gelassen. NZZ, 24. März 2020, S. 3


Der Tod der Genfer Flüchtlingskonvention

Von German-oreign-policy, 5. März 2020,

https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8207/

Griechenland setzt mit deutscher Unterstützung im Kampf gegen Flüchtlinge grundlegendes Völkerrecht außer Kraft.

ATHEN/BERLIN/BRÜSSEL - Mit Unterstützung Deutschlands und der EU setzt Griechenland bei seinem Vorgehen gegen Flüchtlinge grundlegende internationale Konventionen außer Kraft. Athen hat angekündigt, Flüchtlinge, die illegal aus der Türkei eingereist sind, zu Hunderten ohne jegliche Prüfung ihres Asylbegehrens in ihre Herkunftsländer abzuschieben oder sie zu langjährigen Haftstrafen zu verurteilen. Dabei kann es sich auf einen neuen Spruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stützen, der kürzlich urteilte, illegal eingereiste Flüchtlinge dürften ohne jegliche Beschränkung sofort abgeschoben werden. Solche Push-Backs sind an den Außengrenzen der EU seit Jahren gang und gäbe. Immer wieder berichten Menschenrechtsorganisationen, ungenehmigt eingereiste Flüchtlinge würden etwa mit Knüppeln aus dem Land gejagt, in Grenzflüsse geworfen oder gar zurück ins Meer getrieben. Griechenland dehnt die Push-Backs nun in aller Öffentlichkeit auf das Niveau von Massenabschiebungen aus. Experten warnen, wenn sich dies durchsetze, "dann stirbt im Jahr 2020 die Genfer Flüchtlingskonvention".

In den Grenzfluss geworfen

Menschenrechtsorganisationen kritisieren regelmäßige illegale Push-Backs an den Außengrenzen der EU schon seit Jahren. Ein Beispiel bieten die Ergebnisse detaillierter Recherchen zur Lage an der Land- und Seegrenze zwischen Griechenland und der Türkei, die die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl im Jahr 2014 publizierte. Demnach führten die griechischen Behörden sowohl zu Lande als auch zu Wasser "systematisch völkerrechtswidrige Zurückweisungen in die Türkei" durch; insgesamt könne die Zahl der Betroffenen in den konkret untersuchten Fällen, hielt Pro Asyl fest, "auf 2.000 geschätzt werden".[1] Die meisten befragten Flüchtlinge sagten aus, sie seien von griechischen Grenzbeamten misshandelt und persönlichen Eigentums beraubt worden; in einigen Fällen müsse man, heißt es bei Pro Asyl, aufgrund der Schwere der Misshandlungen von Folter ausgehen. An der Landgrenze wurden dem Bericht zufolge immer wieder Flüchtlinge "in den Grenzfluss Evros geworfen"; in der Ägäis hingegen wurden viele "in seeuntauglichen Booten auf dem Meer treibend zurückgelassen". Die Vorwürfe träfen, urteilte Pro Asyl, nicht zuletzt die EU-Grenzagentur Frontex: "Mit wenigen Ausnahmen" hätten sämtliche präzise "dokumentierten Völkerrechtsbrüche ...im Operationsgebiet von Frontex statt[gefunden]".

Ins Meer getrieben

Regelmäßige illegale Push-Backs finden Berichten zufolge auch an den Grenzen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla statt. Eine Reihe von ihnen hat das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) dokumentiert, das Betroffene insbesondere vor Gericht unterstützt. Einer dieser Fälle ereignete sich am 6. Februar 2014, als rund 400 Flüchtlinge versuchten, die Grenze zwischen Marokko und Ceuta schwimmend auf dem Meer zu überwinden. Die spanische Guardia Civil setzte laut dem ECCHR "Schlagstöcke, Tränengas und Gummigeschosse gegen sie ein", wobei mindestens 15 Menschen ums Leben kamen sowie viele weitere "zum Teil schwer verletzt" wurden. 23 Flüchtlinge wurden demzufolge nach Erreichen der Küste von Ceuta "unmittelbar und ohne rechtliche Prüfung nach Marokko zurückgeschoben".[2] Belegt sind zudem diverse Fälle, bei denen es Flüchtlingen gelungen war, den meterhohen, stacheldrahtbewehrten "Grenzzaun" zwischen Marokko und Ceuta oder Melilla zu überwinden. Sie wurden - und werden - regelmäßig von der Guardia Civil aufgegriffen und umgehend zurück nach Marokko abgeschoben.

Bei Minustemperaturen ausgesetzt

Seit spätestens 2016 sind neben weiteren Push-Backs auf dem Mittelmeer - Italien ist berüchtigt dafür, Flüchtlinge nach Libyen deportiert oder sie sogar in Schiffen vor seinen Häfen festgesetzt zu haben [3] - auch zahlreiche Push-Backs an den Landgrenzen Ost- und Südosteuropas dokumentiert. Bereits 2017 berichtete etwa Médecins Sans Frontières (MSF) von vielen Sofortabschiebungen an der ungarischen Grenze, bei denen regelmäßig brutale Gewalt der Grenzbeamten zu beklagen war - in den meisten Fällen Schläge (oft mit Schlagstöcken), immer wieder aber auch Hundebisse oder Verletzungen durch den Einsatz von Reizgas.[4] Gewalttätige Push-Backs an der ungarischern Grenze dauern bis heute an. Erst vor kurzem wurde ein Fall dokumentiert, bei dem 26 Flüchtlingen aus Afghanistan die Einreise nach Ungarn mit dem Zug gelang. Auf ungarischem Territorium wurden sie von Polizisten aufgegriffen, gemeinsam mit einem Polizeihund, der einige biss, in einen Polizeitransporter gesteckt, zurück an die Grenze gefahren und bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt auf serbischem Territorium ausgesetzt.[5] Auch im ungarischen Fall wird Frontex von schweren Vorwürfen getroffen: Obwohl die Leitung der EU-Agentur umfassende Kenntnis von den Menschenrechtsverletzungen hatte, ordnete sie die Fortsetzung eines Frontex-Einsatzes an der ungarisch-serbischen Grenze an.[6]

Mit Knüppeln verjagt

Kaum anders ist die Lage an der kroatisch-bosnischen Grenze. Dort werden ebenfalls seit 2016 illegale Push-Backs nach Bosnien-Herzegowina dokumentiert. Im vergangenen Herbst schilderte Human Rights Watch (HRW), wie Flüchtlinge, darunter Kinder, von kroatischen Grenzbeamten geschlagen und getreten wurden; die Abschiebungen würden dabei oft, hieß es, "in entlegene[n] Gebiete[n]" durchgeführt. Zuweilen würden Flüchtlinge gezwungen, auf dem Weg nach Bosnien-Herzegowina "eiskalte Bäche zu durchqueren".[7] Anfang dieses Jahres legte die NGO Border Violence Monitoring Network einen Bericht über 311 illegale Push-Backs aus Kroatien vor, von denen 2.475 Flüchtlinge betroffen waren. In einem Fall wurde eine Gruppe von sieben Afghanen, darunter mindestens ein Minderjähriger, an der kroatisch-slowenischen Grenze aufgegriffen, mit Schlägen, Tritten und Elektroschockern attackiert, zwei Nächte auf einer Polizeistation interniert und anschließend an die kroatisch-bosnische Grenze gefahren, wo die Flüchtlinge brutal mit Knüppeln aus dem Land und damit aus der EU gejagt wurden.[8]

Wenn Unrecht zu Recht wird

Für Entsetzen hat bei Menschenrechtsorganisationen gesorgt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Mitte vergangenen Monats einem Teil der völkerrechtswidrigen Push-Backs einen Anschein von Legalität verliehen hat. Gegenstand des entsprechenden Verfahrens war der Fall zweier Flüchtlinge, die im August 2014, aus Marokko kommend, den "Grenzzaun" zur spanischen Exklave Melilla überwunden hatten, wo sie sofort von der Guardia Civil aufgegriffen und ohne Prüfung ihres Asylgesuchs nach Marokko abgeschoben wurden. Am 13. Februar urteilte die Große Kammer des EGMR nun - ein gegenläufiges früheres Urteil vollständig aushebelnd -, dies sei zu Recht geschehen: Die Flüchtlinge hätten auf legalem Wege einreisen müssen. Dass dies in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle faktisch unmöglich ist, ließ die Große Kammer außer Acht.[9] Damit hat sie den Weg gebahnt, ein zentrales Element der Genfer Flüchtlingskonvention - das Recht jedes Menschen auf Prüfung seines Asylbegehrens - de facto auszuhebeln.

Massen-Push-Backs

Dies nutzt nun die griechische Regierung beim Vorgehen gegen die immer noch mehr als 10.000 Flüchtlinge, die an der türkisch-griechischen Landgrenze ausharren und Schutz in der EU suchen. Athen hat für einen Monat das Asylrecht ausgesetzt - ein bisher beispielloser, mit dem Völkerrecht nicht in Einklang zu bringender Schritt - und angekündigt, illegal eingereiste Flüchtlinge entweder zu mehrjährigen Haftstrafen zu verurteilen oder sie umgehend wieder abzuschieben.[10] Legale Einreisen sind wegen der Schließung der Grenze nicht möglich. Darüber hinaus hat Athen am gestrigen Mittwoch ein Kriegsschiff nach Lesbos geschickt, das dort mehrere hundert Flüchtlinge aufnehmen und sie ohne Prüfung ihres Asylgesuchs in ihre Herkunftsländer abschieben soll; nach dem jüngsten EGMR-Urteil ist das, weil auch ihnen vorgeworfen wird, illegal eingereist zu sein, nicht rechtswidrig.[11] Griechische Polizisten und Militärs gehen an der Landgrenze weiterhin mit Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfern gegen schutzsuchende Flüchtlinge vor. Gestern machten Berichte die Runde, griechische Grenzbeamte hätten mehrere Flüchtlinge beschossen und dabei mehrere verletzt sowie einen von ihnen getötet; während Journalisten und Augenzeugen dies bestätigten, hieß es in Athen, es handle sich um "Fake News" und "türkische Propaganda".

Mit Unterstützung Berlins und der EU

Bei alledem hat die griechische Regierung volle Rückendeckung Berlins und der EU. Bereits am Freitag hatte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert und sein Vorgehen gegen die Flüchtlinge mit ihr abgestimmt.[12] EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte Mitsotakis die volle Unterstützung der Union zu; so sollen hundert zusätzliche Frontex-Grenzbeamte an Griechenlands Land- und Seegrenze verlegt sowie sieben Patrouillenboote in die Ägäis entsandt werden. Darüber hinaus soll Athen 700 Millionen Euro zur Abwehr und Abfertigung der Flüchtlinge erhalten.

Übergang zu einem "illiberalen" System

Scharfe Kritik äußert seit einiger Zeit Gerald Knaus, Mitgründer und Vorsitzender der Denkfabrik European Stability Initiative mit Hauptsitz in Berlin und Architekt des EU-Flüchtlingsabwehrpakts mit der Türkei. Knaus urteilt: "Wir erleben einen Einschnitt der internationalen Flüchtlingspolitik." "Was die EU derzeit macht", sei "Donald Trumps größte Fantasie": An der Grenze "einfach das Asylrecht abzuschaffen und die Grenze zu militarisieren". Knaus warnt: "Wenn sich diese Herangehensweise in Europa durchsetzt, dann stirbt im Jahr 2020 die Genfer Flüchtlingskonvention."[13] Dabei werde "die Flüchtlingsfrage" möglicherweise "als Argument für den Abbau von Grundrechten" anderer Art verwendet; so sei soeben erst bekannt geworden, "dass in Ungarn offenbar Medien künftig bei 'sensiblen' Themen wie Migration eine Extra-Erlaubnis" brauchten. Es drohe womöglich der Übergang zu einem explizit "illiberalen" System.



[1] Pro Asyl: Pushed Back. Systematische Menschenrechtsverletzungen an den griechisch-türkischen See- und Landgrenzen. Frankfurt am Main, August 2014. Beachten Sie die Videoklumne zum Thema "EU als Werte-Union": https://www.youtube.com/watch?v=GV_c4TdVTTo

[2] Hoffen auf Gerechtigkeit für Opfer von tödlichem Push-Back bei Ceuta. ecchr.eu.

[3] S. dazu Amoklauf am Mittelmeer und Amoklauf am Mittelmeer (II).

[4] Médecins Sans Frontières: Games of Violence. Unaccompanied Children and Young People Repeatedly Abused by EU Member State Border Authorities. O.O. 2017.

[5] "We told the police we wanted to apply for asylum, they laughed and said we were all Taliban". borderviolence.eu 20.02.2020.

[6] Apostolis Fotiadis: Frontex's History of Handling Abuse Evidence Dogs Balkan Expansion. balkaninsight.com 06.02.2020.

[7] EU: Push-Backs an kroatischer Grenze beenden. hrw.org 08.11.2019. S. dazu Die nächste EU-Ratspräsidentschaft.

[8] Fabian Hillebrand: Folter an Europas Grenzen. neues-deutschland.de 16.01.2020.

[9] Paukenschlag aus Straßburg: EGMR macht Rückzieher beim Schutz von Menschenrechten an der Grenze. proasyl.de 14.02.2020.

[10] Michael Martens: Unterschätzt uns nicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung 04.03.2020.

[11] Von der griechischen Grenzpolizei beschossen? Frankfurter Allgemeine Zeitung 05.03.2020.

[12] S. dazu Flüchtlingsschutz: "Noch zeitgemäß?"

[13] Kaja Klapsa: "Deutschland wäre der größte Verlierer, wenn es keine Einigung gibt". welt.de 04.03.2020.


Von der Gesundheits- zur Demokratiekrise?

Etliche Regierungen verwenden die Coronapandemie als Vorwand, um die Politik auf autoritäre Gleise zu bringen. Jüngstes Beispiel: Victor Orban, der einen zeitlich unbefristeten Ausnahmezustand in Ungarn ausrufen lässt. Darüber sind zurecht viele empört. Gleichzeitig herrscht enorme Blindheit gegenüber einem autoritären Großangriff auf die Demokratie, der von einer anderen Seite droht. Seine Kurzbezeichnung: ESM.

Die EU hat sich in der Corona-Krise – wieder einmal – als inkompetent und kontraproduktiv herausgestellt. Sie hat mit ihren Austeritätsvorgaben die Gesundheitssysteme in vielen EU-Staaten, insbesondere in Ländern wie Italien, Spanien, Griechenland, devastiert, sodass sie nun hoch verletzlich dieser Pandemie gegenüberstehen. Und was die konkrete Hilfe angeht: China, Russland und Kuba sind solidarischer mit Italien als die EU-Staaten, die bislang eher dadurch auffällig wurden, dass sie Hilfslieferungen nach Italien blockieren bzw. erschweren.

Instrument der Erpressung und Entmündigung

Gleichzeitig ist für viele Menschen klar geworden: Der von den EU-Führern geschmähte Nationalstaat hat sich – bei aller Kritik im Detail - als handlungsfähig beim Kampf gegen die Ausbreitung des Virus und hilfreich für die Menschen erwiesen. Für die EU-Eliten ist dieser Machtverlust des imperialen Zentrums unerfreulich. Sie arbeiten jetzt schon daran, zurückzuschlagen und die Coronakrise zu nutzen, um ihre Macht zu restaurieren.

Die Instrumente dafür liegen bereit. Denn zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronapandemie werden die Nationalstaaten viel Geld in die Hand nehmen müssen. Für Nationalstaaten, die über eine eigene Währung verfügen, ist das bewältigbar, ohne sich den internationalen Kapitalmärkten ausliefern zu müssen. Doch für die Euro-Staaten ist der Euro eine Fremdwährung. Sie haben keine Verfügung darüber. Die Verfügungsgewalt liegt bei der EZB, die sogar ausdrücklich gemäß EU-Primärrecht demokratiepolitisch nicht belangt werden darf. Diese Situation war bereits nach der großen Finanz- und Wirtschaftskrise der entscheidende Hebel, um die besonders hart getroffenen Staaten politisch zu entmündigen. Dafür wurde 2012 der ESM („Europäische Stabilitätsmechanismus“) aus der Taufe gehoben. In gewohnt zynischer Art wurde er als „Rettungsschirm“ für notleidende EU-Staaten verkauft, tatsächlich war und ist der ESM ein gnadenloses Instrument der Erpressung und Entmündigung.

Autoritär neoliberales Korsett

Die EU dient nicht der Solidarität, sie ist im Gegenteil so konstruiert, dass ein permanenter Wirtschaftskrieg zwischen den Mitgliedsstaaten erzwungen wird. Der finnische Europa-Minister Alexander Stubb hat den Zusammenhang präzise beschrieben: „Der Euro ist im Grunde eine darwinistische Währung geworden. Es gilt das Prinzip vom Überleben des Stärkeren.“ (1). Denn EU-Binnenmarkt und Währungsunion berauben v.a. die schwächeren Staaten wichtiger Instrumente (Handelsregulierung, Kapitalverkehrskontrollen, Währungsabwertung, Industriepolitik), um ihre Binnenwirtschaft schützen und entwickeln zu können. Bei einem externen Schock, wie etwa der Coronakrise, beraubt es den Staat außerdem der Möglichkeit, mit autonomen geld- und fiskalpolitischen Instrumenten gegenzusteuern und dabei die Notenbank als "lender of last resort" zu nutzen. Die Staaten müssen sich teuer auf den internationalen Kapitalmärkten, also bei großen Vermögensbesitzern, ver- und überschulden. Mit dem EU-Fiskalpakt wurde ein Werkzeug geschaffen, um zunächst die Definitionsmacht, wann „Überschuldung“ bzw. „übermäßiges Defizit“ vorliegt, und sodann die reale Macht, wie mit dem „Defizitsünder“ zu verfahren sei, an die EU-Kommission übergehen zu lassen. Der ESM sorgt dann mit dem Geld der Steuerzahler (sh. unten) dafür, dass für diese großen Vermögensbesitzer das Verlustrisiko minimiert bzw. die Renditen gesichert werden – und zugleich der „gerettete“ Staat unter drakonische Fremdbestimmung kommt.

Kurz gesagt: EU-Binnenmarkt- und Währungsunion machen aus der Gesundheitskrise eine Staatsschuldenkrise. Und der ESM macht dann aus der Staatsschuldenkrise ein Demokratiekrise. Dieser antidemokratischen Zielsetzung entspricht eine durch und durch autoritäre Konstruktion des ESM:

Eigenmächtige Erhöhung des Stammkapitals

700 Milliarden mussten von den EU-Staaten entweder direkt einbezahlt (80 Milliarden) oder in Form von „jederzeit abrufbarem“ Kapitals (620 Milliarden) für den ESM bereitgestellt werden. Damit wurde ein „anfängliches Darlehensvolumen“ von maximal 500 Mrd. Euro sichergestellt. Aber es kann noch viel mehr werden, denn der Gouverneursrat kann eigenmächtig eine Erhöhung des Stammkapitals – ohne Obergrenze! – beschließen, das die Nationalstaaten bereit stellen müssen. Österreich hat derzeit 2,2 Mrd. direkt einbezahlt und haftet für 19,5 Mrd. Aber im Krisenfall gilt: nach oben offen.

Alle Macht dem Gouverneursrat

Die Entscheidung über diese gewaltigen Summen trifft eine kleine Technokratenelite von Regierungsvertretern mit dem bezeichnenden Namen „Gouverneursrat“, der wiederum ein Direktorium aus Leuten „mit großen Sachverstand im Bereich Wirtschaft und Finanzen“ bestimmt. Selbst innerhalb dieser Technokratenelite gibt es eine klare Hierarchie. Denn mit dem ESM wird Euro-Land endgültig zur Aktiengesellschaft. Abgestimmt wird nach dem eingezahlten Grundkapital. In keiner EU-Institution sind die deutschen Eliten so mächtig wie im ESM (sh. Grafik). Nur die deutsche und französische Regierung verfügen bei Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit (80% des Grundkapitals) über eine sog. „Sperrminorität“, alle anderen können überstimmt werden.

„Strenge Auflagen“

Die ESM-„Finanzhilfe“ wird an von der EU-Kommission ausgehandelte „Strukturanpassungsprogramm“ gegenüber dem Empfänger gekoppelt. Wörtlich: „Der ESM kann einem ESM-Mitglied unter strengen, dem gewählten Finanzhilfeinstrument angemessenen Auflagen Stabilitätshilfe gewähren. Diese Auflagen können von einem makroökonomischen Anpassungsprogramm bis zur kontinuierlichen Erfüllung zuvor festgelegter Anspruchsvoraussetzungen reichen.“ (Art. 12) Diese werden von der EU-Kommission „im Benehmen mit der EZB und wenn möglich unter Einbeziehung des IWF“ ausgehandelt. Die bisherigen Erfahrungen z.B. mit Griechenland und Spanien zeigen, dass diese „strengen Auflagen“ zu sozialen Verwüstungen, Ruinierung der öffentliche Gesundheitssysteme, hoher Arbeitslosigkeit und dauerhafter Abhängigkeit führen.

Vom Corona- zum Rüstungsbond?

Der ESM kann Kredite vergeben, Anleihen am Primär- und Sekundärmarkt kaufen, Anleihen begeben und Kredite aufnehmen. Durch die ESM-Hintertür ist die Möglichkeit für Euro-Bonds“ also bereits möglich geworden, ob sie nun so genannt werden oder nicht. Insofern ist der derzeitige Streit über die Frage Eurobonds oder ESM-Kredite möglicherweise vordergründig. Entscheidend für Merkel & Co ist, dass der ESM Dreh- und Angelpunkt der Corona-Strategie der EU wird. So können die deutschen Eliten die Gesundheitskrise am besten nutzen, um ihre Hegemonie in der EU zu festigen und direkte Durchgriffsrechte auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU-Staaten zu erlangen.

Darüber hinaus sollte man auch einen anderen Aspekt nicht aus dem Auge verlieren: Corona-Bonds könnten die Tür aufstoßen, strategische Projekte, die in den nationalen Parlamenten auf Widerstand stoßen, in Hinkunft über Eurobonds zu finanzieren. Was als Corona-Bond beginnt, könnte als Rüstungsanleihe für große EU-Militärprogramme enden – von Euro-Drohnen bis zu einer neuen Generation von Kampfbombern.

Die Coronakrise führt erneut vor Augen, worauf sich jene Kräfte strategisch konzentrieren müssen, die Sozialstaat und Demokratie verteidigen wollen: Österreich muss über so zentrale Bereiche wie Budget und Währung selbst bestimmen können: demokratisch und souverän! Nur so können aus dieser tiefen Gesundheitskrise Sozialstaat, Demokratie und unsere Solidarität mit anderen Staaten, die noch härter getroffen wurden, gestärkt hervorgehen. Gerald Oberansmayr (30.3.2020) https://www.solidarwerkstatt.at/demokratie-politik/von-der-gesundheits-zur-demokratiekrise


Ein Tweet von Yanis Varoufakis:

"I don't think the EU is capable of doing anything to us other than harm. I opposed Brexit but have now reached the conclusion that the British did the right thing even if they did it for the wrong reason" (Ich glaube nicht, dass die EU für uns etwas anders tun kann, als uns zu schädigen. Ich war gegen den Brexit, bin nun aber zum Schluss gekommen, dass die Briten das richtige taten, wenn auch aus den falschen Gründen.)


Austerität tötet

Die EU-Austeritätspolitik hat die Gesundheitssysteme insbesondere in Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland schwer getroffen. Diese Politik ist mitschuld an den vielen Corona-Toten.

Italien: 75.000 Spitalsbetten weniger

Italien hat sich bis heute nicht vom Schock der Währungsunion erfangen. Heute liegt das Niveau der italienischen Industrieproduktion real um ca. 20% unter dem Niveau des Jahres 2000. Seither geht Italien von der äußeren Abwertung (der Währung) zur inneren Abwertung (Absenkung der Sozialleistungen) über, um im EU-internen Konkurrenzkampf nicht völlig unter die Räder zu kommen. Eine der Hauptleidtragenden dieser Politik des Sozialabbaus ist das italienische Gesundheitswesen. Die Zahlen sind dramatisch: In den letzten beiden Jahrzehnten sank in Italien

• die Zahl der Krankenhäuser von 1.321 auf 1.063 (minus 20%) (1)
• die Zahl der Spitalsbetten von 268.057 auf 192.548 (minus 28%) (2)

In absoluten Zahlen heißt das: 258 Krankenhäuser wurden geschlossen und über 75.000 Spitalsbetten abgebaut, während gleichzeitig in diesem Zeitraum die Zahl der Menschen in Italien um rd. 3 Millionen zunahm.

„Kein Kandidat für Reanimation“

Es war aber nicht nur der „stumme Zwang“ der brutalen Konkurrenz in der EU-Währungsunion, der dem italienischen Gesundheitswesen zusetzte, die EU-Institutionen gingen 2011 zur offenen Erpressung über, um Kürzungen der öffentlichen Budgets und Privatisierungen erzwingen. Im August 2011 flatterte in das Postfach der italienischen Regierung ein Brief der Europäischen Zentralbank. Die EZB erklärt in ihrem Schreiben, dass Schutz vor steigenden Zinsen auf italienische Staatsanleihen nur unter der Bedingung harter Einschnitte gewährt würde. Sie hatte in der Troika die EU-Kommission und den Internationalen Währungsfonds hinter sich. Die italienische Regierung führte diese harten Einschnitte durch. Die realen Gesundheitsausgaben pro Kopf sanken seither um 10% (3). Über 45.000 Beschäftigte (minus 6,5%) im Gesundheitssektor wurden abgebaut (4). In Italien gibt es mittlerweile nur mehr 3,2 Betten auf 1.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Frankreich sind es 6, in Deutschland 8.

Jede dieser GesundheitsarbeiterInnen, jedes dieser Krankenhäuser und Betten fehlt heute schmerzlich in der Bekämpfung der Corona-Krise. So berichtet eine Ärztin, die im Mailänder Spital San Paolo ihren Dienst leistet, davon, dass über Siebzigjährige mit Vorerkrankungen den Vermerk "kein Kandidat für Reanimation" erhalten - um Ressourcen zu schonen: „Es fehlt an Betten, Beatmungsgeräten, ärztlichem Material und vor allem Personal.“ (6)

Spanien: Private Spitäler sperren mitten in der Corona-Krise zu Ähnlich verhält es sich in Spanien, das mittlerweile beim Zuwachs der Corona-Toten Italien überholt hat. Auch hier haben die EU-Spardiktate ab 2012 zu massiven Kürzungen im Gesundheitsbereich geführt und eine Privatisierungswelle bei Krankenhäusern ausgelöst. Alleine in Madrid ging die Zahl der Spitalsbetten um rund 3.000 zurück, während die Einwohner der Region um 500.000 zunahmen. Heute gibt es nur noch 9,5 Betten in Intensivstationen pro 100.000 Einwohner. In Österreich sind es 28,9. In Madrid stehen den 33 öffentlichen Krankenhäuser heute 50 private Kliniken gegenüber. Sieben davon haben jetzt, mitten in der Corona-Krise, "für unbestimmte Zeit" geschlossen“. (7)

Eine Ärztin aus dem Westen von Madrid berichtet von Zuständen „wie in einem Horrorfilm.“ Leichen werden in einer Eislaufarena gelagert. Die Krematorien sind überlastet, weil nicht genügend Schutzmaterial für Bestatter zur Verfügung steht. [8]

Griechenland: Halbierung der Gesundheitsausgaben

Am härtesten unter die Räder kam das griechische Gesundheitssystem, nachdem Athen infolge der Finanzkrise unter den EU-„Rettungsschirm“ vergattert wurde. Die staatlichen Gesundheitsausgaben wurden zwischen 2009 und 2016 von 16,2 Milliarden auf 8,6 Milliarden fast halbiert. Mehr als 13.000 Ärzte und über 26.000 sonstige im Gesundheitswesen angestellte wurden entlassen. 54 der 137 Krankenhäuser wurden geschlossen und das Budget der übriggebliebenen um 40 Prozent gesenkt. Insgesamt fielen zwischen 2011 und 2016 bei etwa elf Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern mehr als drei Millionen Menschen völlig aus dem Schutz einer Krankenversicherung (9).

Die Zahl der Corona-Erkrankungen in Griechenland ist zwar noch weit von Italien und Spanien entfernt, allerdings ist das kaputtgesparte Gesundheitssystem auch kaum in der Lage, Testungen im größeren Stil durchzuführen. Die Dunkelziffer dürfte entsprechend hoch sein. Dramatisch ist die Situation in den Flüchtlingslagern auf den Inseln sein. Die Flüchtlinge werden, auf engstem Raum eingepfercht, ihrem Schicksal überlassen. Die griechische Zeitung Efsyn vermutet, dass in den Flüchtlingslagern eine Art Großversuch zur Herdenimmunität gegen Covid-19 läuft. Die Zeitung titelt: "Und wer von den Flüchtlingen überlebt, der lebt…" (10). Solidarwerkstatt Linz, (30.3.2020)

Quellen:

[1] https://www.statista.com/statistics/557042/hospitals-in-italy/
[2] https://www.statista.com/statistics/557293/hospital-beds-in-italy
[3] www.opendemocracy.net, 24.3.2020
[4] https://www.statista.com/statistics/953592/nhs-workforce-in-italy/
[5] https://www.israeldefense.co.il, 24.3.2020
[6] Kurier, 15.3.2020
[7] Der Standard, 28.3.2020
[8] Der Spiegel, 25.3.2020
[9] Freitag, 18.3.2020
[10] Telepolis, 26.3.2020 30. März 2020, https://www.solidarwerkstatt.at/soziales-bildung/austeritaet-toetet


Wie die EU-Freizügigkeit den Integrationsprozess in Frage stellt

Von Susanne K. Schmidt, 28.02.2020 (editiert am 02.03.2020)

Das Ausmaß der Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union ist einzigartig. Migration und wohlfahrtsstaatliche Absicherung stehen aber in einem Spannungsverhältnis. Der Kampf einiger Kommunen gleicht dem gegen Windmühlen. Eines fällt in den teils heftig geführten politischen Auseinandersetzungen über den Umgang mit Migration in der Bundesrepublik immer wieder auf: Bürgermeister melden sich dahingehend zu Wort, dass die Kommunen nicht durch Geflüchtete vor Probleme gestellt werden, sondern durch die EU-Zuwanderung.[1] Schon 2013 hatte der Deutsche Städtetag medienwirksam vor steigender Armutszuwanderung aus Südosteuropa gewarnt. Dagegen befand die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten verfügten über alle notwendigen Instrumente, eine befürchtete Einwanderung in ihre Sozialsysteme zu verhindern. Dafür wurden auf Bundesebene verschiedentlich Gesetze geändert.

Doch wie lassen sich die weiterhin ungelösten Schwierigkeiten vieler Kommunen erklären? Die Erfahrungen der drei deutschen Städte Dortmund, Gelsenkirchen und Bremerhaven zeigen die erheblichen Widersprüche im relevanten Europarecht, die zu Anwendungsproblemen bei den Kommunen führen. Es fehlt an politischer Gestaltung, da die kontroverse Materie weitgehend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) überantwortet wird. Europaweite Freizügigkeit und nationale soziale Sicherung sind nicht leicht zu vereinen.[2]

Zwei Vorbemerkungen sind wichtig: Erstens kann „Armutsmigration“ nicht ohne „qualifizierte Migration“ gedacht werden. Die überwiegende Mehrheit der Zuwanderer ist qualifiziert. Eine Studie des IMF von 2016 findet gerade für den süd-osteuropäischen Raum einen Verlust an Bruttosozialprodukt aufgrund von „brain-drain“ in die entwickelten europäischen Länder.[3] Die wahren Kosten der EU-Binnenmigration fallen also nicht in Deutschland an, das als Ganzes eher profitiert. Zweitens erfolgt aufgrund mangelnder Kenntnisse von Sprache und Strukturen sowie sozio-kultureller Distanz der Zugang zur deutschen Gesellschaft teilweise über Mittelsmänner, die Ausbeutungsstrukturen etablieren. Für das geographisch konzentrierte Problem der Armutszuwanderung spielen auch organisierter Sozialleistungsmissbrauch über Scheinfirmen und fingierte Arbeitsverträge eine Rolle. Unseriöse Vermittler bieten Dienstleistungen um Behördengänge, Anträge und Arbeits- sowie Mietverträge an, so dass eher davon gesprochen werden kann, dass mit den Zugewanderten betrogen wird, als dass sie selbst aktiv wären. Gegen diesen Missbrauch wird vermehrt in Schwerpunktaktionen vorgegangen.[4]

Das europäische Freizügigkeitsregime

Die Grundzüge des europäischen Freizügigkeitsregimes sind relativ bekannt. 2007 wurden Bulgarien und Rumänien in die Europäische Union aufgenommen und die Bundesrepublik setzte, wie schon bei der großen Ost-Erweiterung von 2004, die Freizügigkeit für die erlaubten sieben Jahren aus. Mit der Aufnahme Südosteuropas hat die ökonomische Heterogenität in der EU ihren (vorläufigen) Höhepunkt erlangt. Bereits in den Römischen Verträgen, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft von 1958 gründeten, ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit als eine der „vier Freiheiten“ verankert. Außerdem findet sich schon hier ein Diskriminierungsverbot auf der Basis von Nationalität (Art. 7 EWG-Vertrag). Mit der Einführung der Unionsbürgerschaft dehnte dann der Maastrichter Vertrag die Personenfreizügigkeit auf nicht-erwerbstätige Unionsbürger aus. Die Verantwortung für die soziale Absicherung der Bevölkerung liegt aber bei den Mitgliedstaaten und erfolgt über die Verordnungen zur Koordinierung der Sozialversicherung. Auch die derzeitige Diskussion über eine mögliche Indexierung von Kindergeldzahlungen findet in diesem Rahmen statt. Ebenfalls wichtig ist die Freizügigkeits- oder Bürgerschaftsrichtlinie von 2004, die kurz vor der Ost-Erweiterung beschlossen wurde und ein abgestuftes Freizügigkeitsrecht für nicht-erwerbstätige EU-Bürger entwirft. Diese dürfen sich in den ersten drei Monaten frei in anderen Mitgliedstaaten aufhalten und sind nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts Inländern völlig gleichgestellt. Zwischen drei Monaten und fünf Jahren sind EU-Bürger aufenthaltsberechtigt, so sie finanziell unabhängig sind und über umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen. Eine Inanspruchnahme von Sozialhilfe darf aber nicht automatisch das Aufenthaltsrecht beenden.

Weitaus weniger bekannt ist, wie sehr die Modalitäten der sozialen Absicherung von Unionsbürgern von der Rechtsprechung des EuGH bestimmt sind. Fragt man, warum sich der Unionsgesetzgeber auf eine so uneindeutige Regelung wie die eben genannte einigen wollte – die finanzielle Unabhängigkeit fordern, aber die Inanspruchnahme von Leistungen nicht untersagen –, landet man beim Urteil Grzelczyk von 2001. Hier interpretierte der EuGH die Vertragsbestimmungen zur Unionsbürgerschaft dergestalt, dass ein französischer Student in Belgien nach dreijährigem Studium Anspruch auf soziale Unterstützung erhielt.

Hinter dieser Auslegung des Primärrechts konnte die EU-Legislative schlecht zurückbleiben. Der Verfassungsrechtler Dieter Grimm kritisiert den weitreichenden Einfluss des EuGH (statt des Europäischen Gesetzgebers!) auf die europäische Politik und spricht von einer Überkonstitutionalisierung der EU.[5] Den zwischenstaatlichen Vertrag zur Wirtschaftsgemeinschaft transformierte die Rechtsprechung des EuGH zum Vorrang und zur Direktwirkung des Europarechts schon Anfang der 1960er Jahre in eine Art Verfassung. Aber im Vergleich zu nationalen Verfassungen, die vorrangig Staatsorganisationsrecht und individuelle Grundrechte regeln, enthält der EU-Vertrag detaillierte Ausführungen zu materiellen Politikzielen: den vier Freiheiten von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital, dem EU-Wettbewerbsrecht oder auch dem EU-Bürgerschaftsstatus. National kann die gewählte Legislative diese Materien einfachgesetzlich regeln.

Indem der EuGH in der Auslegung der Verträge zu Details materieller Politik Stellung nimmt, ist sein Einfluss auf die Gestaltung von Richtlinien und Verordnungen weitaus größer, als man das vermuten würde. Zudem muss Richterrecht des EuGH auch direkt angewandt werden. Dies betrifft beispielsweise die Frage, wer als Arbeitnehmer unter EU-Recht zu gelten hat. EU-Arbeitnehmer sind in jeglicher Hinsicht Einwohnern gleichgestellt. Das betrifft jeden, der eine Tätigkeit ausübt, die nicht ‚unwesentlich und untergeordnet‘ ist, wie der EuGH bereits Anfang der 1980er Jahre feststellte (Urteil Levin). Damit erreichen EU-Bürger als Arbeitnehmer bereits mit einer relativ geringen Erwerbstätigkeit die volle rechtliche Gleichstellung.[6]

Absicherung in Deutschland: hoch umstritten

Wie aber steht es um die Absicherung von EU-Bürgern, die nicht erwerbstätig sind? Zunächst muss im deutschen Grundsicherungssystem zwischen Leistungen des Sozialgesetzbuchs für Erwerbsfähige (SGB II) – finanziert aus Bundesmitteln – und der (kommunal finanzierten) Sozialhilfe des SGB XII differenziert werden. Absicherung im Sozialgesetzbuch umfasst die Krankenversicherung. Erst 2006 wurden Ausländer aus den SGB-II-Leistungen zur Arbeitssuche ausgenommen. Aus der Sozialhilfe (SGB XII § 23) sind EU-Bürger in den ersten drei Monaten des Aufenthalts ausgeschlossen oder wenn sie wegen des Sozialhilfebezugs einreisen. Als Ermessensleistung kann die Unterstützung aber gewährt werden.

In der deutschen Sozialgerichtsbarkeit war und ist die Frage des Ausschlusses von nicht-erwerbstätigen EU-Ausländern aus den SGB-Leistungen hoch umstritten. Schließlich verbietet das Europarecht eine Diskriminierung auf der Basis von Nationalität. Die EU-Koordinierungsverordnungen bestimmen für die Sozialversicherung den zuständigen Sozialversicherungsträger nach dem Ort der Erwerbstätigkeit oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort. Nachdem viele Sozialgerichte den Ausschluss als europarechtswidrig gewertet hatten und teils Leistungen zusprachen, bestätigte der EuGH für viele überraschend in verschiedenen Urteilen 2014/15 den Ausschluss des SGB II (Dano; Alimanovic; Garcia Nieto). Auf die nun besser geklärte europarechtliche Situation folgten drei Entwicklungen:

(1) Zunächst urteilte das Bundesozialgericht Ende 2015, dass mittellose EU-Bürger Anrecht auf Sozialhilfe haben, denn nach sechs Monaten sei das Ermessen des Art. 23 SGB XII auf null reduziert und der Aufenthalt verfestigt. Dieses Urteil war auch eine Reaktion auf die Ausländerbehörden, die bei EU-Bürgern nur selten das Aufenthaltsrecht entziehen.

(2) Unter Bundesarbeitsministerin Nahles folgte daraufhin Ende 2016 eine Änderung des Artikels 23 SGB XII,[7] so dass die Gleichbehandlung von EU-Bürgern erst nach fünf Jahren legalen Aufenthalts erfolgt. Für Hilfebedürftige billigt das Gesetz eine vierwöchige Überbrückungsleistung sowie ein Darlehen zur Finanzierung der Rückkehr ins Heimatland. Ausländerbehörden sollen das Aufenthaltsrecht eng kontrollieren und durch Meldungen an die Familienkasse Kindergeldzahlungen unterbinden. Für mittellose EU-Bürger ist das Kindergeld oft die einzige staatliche Unterstützungsleistung.[8]

(3) Aber auch damit bleibt der Ausschluss strittig. Zu erwähnen sind zunächst das Europäische Fürsorgeabkommen[9] und das Deutsch-Österreichische Fürsorgeabkommen, die eine Gleichbehandlung mit Deutschen vorsehen. Schließt man nur einige EU-Bürger aus, wird nach Staatsangehörigkeit diskriminiert. Auch verfassungsrechtlich ist unklar, ob ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums direkt aus Art. 1 GG folgt. Eine entsprechende Vorlage an das Bundesverfassungsgericht existiert.

Herausforderungen für arme Kommunen

Die unübersichtlichen europarechtlichen Bestimmungen und andauernden deutschen Reformbemühungen deuten die Schwierigkeiten der kommunalen Ebene bereits an. Was bringt die Bürgermeister wiederholt dazu, mit kontroversen Stellungnahmen zur EU-Binnenmigration aufzufallen?

Je nach Arbeitslosenquote, Mietniveau und Immobilienleerstand wirkt sich Zuwanderung auf kommunaler Ebene sehr unterschiedlich aus. Es ist nicht der absolute Zuzug relevant, sondern ob die Integration in den Arbeitsmarkt rasch gelingt. In Städten mit geringer Arbeitslosigkeit wie München sind nicht nur die Aussichten auf Integration über Erwerbsarbeit besser, zudem haben reichere Städte mehr Mittel, die Folgen prekärer Zuwanderung zu kompensieren. Anders Dortmund, Gelsenkirchen und Bremerhaven. Diese drei Städte gehören zu den ärmeren Kommunen und haben erheblich mit Langzeitarbeitslosigkeit zu kämpfen. So betrug die Arbeitslosenquote im November 2017 in Bremerhaven 12,2 Prozent, in Dortmund 10,4 Prozent und in Gelsenkirchen 13,8 Prozent im Vergleich zu 5,3 Prozent im Bundesdurchschnitt und 3,9 Prozent in München. Die Beschäftigungsquote der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien (EU-2) erreichte 2016 in Dortmund 34,6 Prozent im Vergleich zu 62,2 Prozent der deutschen Bevölkerung.

Welche Problemlagen werden in den Städten übereinstimmend beschrieben? Die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien ist jeweils in bestimmten Vierteln konzentriert. Das ist etwa die Nordstadt in Dortmund und in Gelsenkirchen der Süden der Stadt. Zu den Herausforderungen zählen die prekären Lebensverhältnisse und die mangelnde Existenzsicherung der Zugewanderten, ein oft ungeklärter oder fehlender Kranken-versicherungsschutz sowie verwahrloste und ausbeuterische Wohnverhältnisse. Aber auch die Fluktuation ist in dieser Gruppe hoch. 2016 zogen in Gelsenkirchen innerhalb von sieben Monaten etwa 1.600 Bürger zu, während 1.500 die Stadt wieder verließen.[10] Dies erschwert insbesondere die Beschulung von Kindern. Weil in der Not jede Art von Erwerbsarbeit angenommen werden muss, resultieren vielfältige Abhängigkeiten und Ausbeutungsstrukturen, die teilweise kriminelle Züge tragen, wenn Scheinarbeitsverträge aufgesetzt und gegen Provision Kindergeld- und Sozialleistungsanträge gestellt werden. Soziale Spannungen ergeben sich aus dem Zuzug in bestimmte Wohnviertel und dort insbesondere in heruntergekommene, verwahrloste Immobilien. Beschwerden beziehen sich zumeist auf Lärmbelästigungen und die Vermüllung der Wohnumgebung. So ähnlich diese Probleme in allen Städten sind, so unterschiedlich ist der Umgang mit ihnen.

Unterschiedliche Strategien

Dortmund verfolgt im „Dortmunder Konsens“ die explizite Strategie der Bewältigung von Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Ausgrenzung im Verbund mit verschiedenen politischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Für die kommunale Gesamtstrategie beantragt das Sozialdezernat vor allem aus dem Europäischen Sozialfonds zusätzliche Mittel. Seit 2014 dokumentieren regelmäßige Sachstandsberichte zur „Zuwanderung aus Südosteuropa“ detailliert die Entwicklung und werten die verschiedenen Maßnahmen aus.[11] Getragen ist der Ansatz von der Annahme, dass Betroffene auch bei fehlender sozialer Fürsorge nicht wegziehen. Einen Eindruck des notwendigen Aufwands vermittelt die Dokumentation des Beratungsangebots für Neuangekommene „Willkommen Europa“: „Insgesamt konnten (…) im Zeitraum 2014 bis 2016 10.005 Ansprachen, 7.325 Kurzberatungen und 6.263 Beratungen durchgeführt werden“.[12] Eine wichtige Aufgabe ist die Klärung des Krankenversicherungsschutzes. Die Dortmunder Sozialdezernentin war sehr aktiv, das Thema auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene auf die Tagesordnung zu setzen. Auch Gelsenkirchen verabschiedete frühzeitig 2013 ein ressortübergreifendes Handlungskonzept, beantragt EU-Mittel und klärt den Krankenversicherungsschutz. Stärker als Dortmund werden aber die ordnungspolitischen Instrumente betont. Maßnahmen werden in enger Zusammenarbeit von Ausländerbehörde, Jobcenter, Sozialverwaltung und Bauverwaltung sowie Ordnungsamt koordiniert.[13] Seit Frühjahr 2016 und in direkter Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Bezug von Sozialhilfe werden neu gemeldete EU-Bürger über die rechtlichen Bedingungen der EU-Freizügigkeit unterrichtet. Dies geschieht mit sogenannten Begrüßungsbesuchen von Mitarbeitern der Sozialverwaltung und des kommunalen Ordnungsdienstes, die über Unterstützungsmaßnahmen aufklären, Regeln und Pflichten des Zusammenlebens einfordern und gleichzeitig den tatsächlichen Aufenthalt der Gemeldeten feststellen. Auch diese Strategie ist sehr aufwendig. Im Jahr 2016 wurden mit 680 Hausbesuchen etwa 4.000 neu gemeldete Personen aus Rumänien und Bulgarien kontrolliert. Um dies zu leisten, bekam der Ordnungsdienst sechs zusätzliche Stellen.

Die Strategie zielt auch darauf, eine Anspruchsberechtigung nach fünf Jahren zu verhindern und Zuzugsanreize zu verringern. Erbringen Unionsbürger nach sechs Monaten nicht den Nachweis der Freizügigkeitsvoraussetzungen wird die Ausländerbehörde aktiv. Arbeitsverträge und Anträge auf Aufstockerleistungen werden streng überprüft. Außerdem wird gegen Problemimmobilien vorgegangen. Bremerhaven ist durch eine weit passivere Einstellung der Behörden gekennzeichnet. Ein koordiniertes Konzept zum Umgang mit der Zuwanderung – hier vor allem aus Bulgarien – wurde nicht konsequent verfolgt. So kam es zu einem großen Betrugsskandal, nachdem vielfach durch fingierte Arbeitsverträge der Bezug von Aufstockerleistungen nach SGB II erschlichen worden war. Ein Untersuchungsausschuss der Bremer Bürgerschaft arbeitete diese Vorfälle auf.[14] Zwischen 2013 und 2016 entstand insgesamt ein Schaden von circa 7 Millionen Euro. Schon 2013 gab es erste Anzeichen für einen organisierten Betrug, da Anträge auf Aufstockerleistungen auf ähnlich lautenden Arbeitsverträgen beruhten und immer dieselben Personen die Betroffenen bei Behördengängen begleiteten. Die Bulgaren wurden in überteuert vermieteten Problemimmobilien unterbracht, die Mietverträge orientierten sich an der fachlichen Weisung des Magistrats zum Höchstsatz der Mietübernahme. Einen Teil der Leistungen mussten die Betroffenen sofort wieder abführen. Die EU-Bürger wurden bei den Häfen und auf Baustellen mit Billigstlöhnen beschäftigt, womit sie zum Teil ihre „Schulden“ für Beratungsleistungen abzahlten.

Der Untersuchungsausschuss folgerte, die administrativen Strukturen hätten den Betrug erleichtert, denn Sozialdezernat, Jobcenter, Zoll und Polizei schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Wiederholte Hinweise von der Arbeiterwohlfahrt an die Behörden auf Ausbeutungsstrukturen wurden ignoriert. Aber selbst für den Ausschuss war es aufgrund des Sozialdatenschutzes schwierig, notwendige Akten von der Bundesanstalt für Arbeit zu bekommen.

Grenzen kommunaler Handlungsfähigkeit

Alle drei Städte sind sozialdemokratisch geprägt und als relativ arme Städte in ähnlicher Weise mit der Herausforderung der Armutsmigration aus Bulgarien und Rumänien konfrontiert. Am aktivsten bemüht sich Dortmund um Integration. Ohne Zahlungen aus dem SGB sind hierfür erhebliche Anstrengungen um Projektgelder erforderlich. Da viele bulgarische Zuwanderer aus Plovdiv stammen, versuchte Dortmund, auf die Strukturen dort einzuwirken. Auch in Bremerhaven erfolgte die Zuwanderung insbesondere aus einer Stadt, dem bulgarischen Varna, was nahelegt, dass teilweise bereits in den Herkunftsländern an die migrierenden Unionsbürger herangetreten wird. Gelsenkirchen setzt stärker auf das Ordnungsrecht und die Überprüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen. Bremerhaven bewilligte zehn neue Stellen im Jobcenter Bremerhaven zur Antragsbearbeitung und blieb sonst weitgehend passiv. Mit den einsetzenden Untersuchungen verschwanden viele der betroffenen Bulgaren spurlos.

Letztlich verweisen alle Strategien auf die Grenzen kommunaler Handlungsfähigkeit: die hoffnungslosen Perspektiven insbesondere der Roma in Südosteuropa sind kaum durch Aktivitäten deutscher Kommunalpolitiker zu ändern; Gelsenkirchen wendet erhebliche Mittel auf und kann dennoch die von hoher Fluktuation geprägte EU-2-Bevölkerung nicht erfolgreich integrieren. Bremerhaven schließlich zeigt, wie ein relativ voraussetzungsloser Einbezug von EU-Bürgern in die Strukturen des SGB auch Ausbeutungsstrukturen statt Integration fördern kann. Ein solcher Einbezug wird teilweise von der Sozialgerichtsbarkeit als Lösung favorisiert.

Voraussetzungen der Freizügigkeit

Das Ausmaß der Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union ist einzigartig. Migration und wohlfahrtsstaatliche Absicherung stehen aber in einem Spannungsverhältnis, da Erstere die Grenzen überwindet, die Letztere für die Umverteilung benötigt. Implizite normative Vorbedingung der gegenseitigen Öffnung ist, dass jeder Mitgliedstaat seine Bevölkerung so hinlänglich vor Armut schützt, dass kein Migrationsanreiz aus Verelendung resultiert. Nach der Ost-Erweiterung scheint dies in Anbetracht der sozio-ökonomischen Heterogenität der Mitgliedstaaten nicht mehr gegeben.

Wie ein Soziales Europa hier absichern sollte, muss diskutiert werden. Da alle Länder der Ost-Erweiterungsrunden mit teils massiver, qualifizierter Abwanderung kämpfen, wird man in europäischen Verhandlungen kaum auf eine angemessene soziale Absicherung der mittellosen Bevölkerung vor Ort dringen können, um Migrationsanreize zu unterbinden.

Ebenso notwendig erscheint eine klarere politische Regelung der Voraussetzungen der Freizügigkeit. Die ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts Gertrude Lübbe-Wolf spricht von einer „Diplomatisierung des Rechts“ in Europa, bei der es Uneindeutigkeiten allen Beteiligten erlauben, ihr Gesicht zu wahren und Konflikte beizulegen.[15] Diese Formelkompromisse müssen aber irgendwo implementiert werden. Die systematische Überprüfung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen, wie sie das Europarecht als Schutz vorsieht und wie sie in Gelsenkirchen vollzogen wird, gleicht dem Kampf gegen Windmühlen. Eine Wiedereinreisesperre ist nicht erlaubt und wäre auch nicht umsetzbar. Zudem kann bereits mit einer geringfügigen Beschäftigung in den Arbeitnehmerstatus gewechselt werden.

Auch wenn die Bundesrepublik als Ganzes von der EU-Migration profitiert, ist die hier skizzierte Entwicklung ein Beispiel dafür, wie die Kosten der Integration nationale Ungleichheit verschärfen und dadurch den europäischen Integrationsprozess in Frage stellen. Betroffen sind gerade jene Städte, die ihrer Bevölkerung bereits weniger Lebensperspektiven bieten können und zur Bewältigung der Probleme noch zusätzliche erhebliche finanzielle und administrative Mittel aufwenden müssen.

________________________________________ Literatur und Anmerkungen

[1] Sinti und Roma kritisieren Duisburger Oberbürgermeister scharf. Der Spiegel, 9.8.2018.
[2] Das Folgende beruht auf meinem Aufsatz: Ein Kampf der Staatsgewalten? Die schwierige soziale Absicherung des europäischen Freizügigkeitsregimes. In: Zeitschrift für Sozialreform, 2019, im Erscheinen.
[3] Atoyan, Ruben et al.: Emigration and its Economic Impact on Eastern Europe. Staff Discussion Notes No. 16/7, 2016.
[4] NRW, Staatskanzlei: Bericht an den Landtag zu den Maßnahmen der Landesregierung zum Umgang mit der EU-Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Düsseldorf 2017. Vorlage 16/4885.
[5] Grimm, Dieter: Europa ja – aber welches? C.H. Beck 2016.
[6] Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU, 3. Februar 2016, Ziffer 2.2.1 http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_03022016_MI12100972.htm
[7] Deutscher Bundestag, 2016 Drucksache 18/10211.
[8] Eine derzeit diskutierte Änderung sieht vor, in den ersten drei Monaten des Aufenthalts keine Zahlungen zu gewähren.
[9] Vertragspartner sind hier die ursprünglichen EU-15-Länder mit Ausnahme von Österreich und Finnland sowie Estland, Malta, Türkei, Island und Norwegen.
[10] Stadt Gelsenkirchen Drucksache Nr. 14-20, S. 2.
[11] Siehe www.dortmund.de, Sachstandsbericht Zuwanderung aus Südosteuropa, verschiedene Jahre. 2018: Drucksache Nr.: 11011-18.
[12] Stadt Dortmund Drucksache Nr.: 07786-17, S. 43.
[13] www.gelsenkirchen.de: Stichwort Zuwanderung EU-Ost. Bspw. Drucksache Nr. 14-20.
[14] Bremische Bürgerschaft 2016 Drucksache 19/623; Bremische Bürgerschaft 2018, Drucksache 19/695.
[15] Lübbe-Wolff, Gertrude: Diplomatisierung des Rechts. Rechtskolumne, in: Merkur, 71 (2017), 57-65.


https://makroskop.eu/2020/02/wie-die-eu-freizuegigkeit-den-integrationsprozess-in-frage-stellt/


Emmanuel Macrons unglaubliches Eingeständnis

Der französische Präsident vertraut darauf, dass der »Brexit nicht erfolgreich sein darf »: eine explosive Bestätigung, die jedoch nur wenige Reaktionen hervorgerufen hat.

Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel begannen am 3. März 2020. Das Vereinigte Königreich ist am 31. Januar aus der Europäischen Union ausgetreten, es ist daher notwendig, den Rahmen auszuhandeln, der die Beziehungen – vor allem Handel, aber auch Fischerei, Verkehr, Sicherheit und Verteidigung – zwischen den beiden Seiten am Ende der « Übergangszeit », d.h. ab dem 1. Januar 2021, bestimmen wird.

Die von Boris Johnson und der EU-27 definierten Ausgangspositionen scheinen unvereinbar zu sein. Die europäischen Staats- und Regierungschefs fordern von den Briten, dass sie sich an alle gegenwärtigen EU-Regeln anpassen, und sogar an die zukünftigen – wie Paris es verlangt. Umgekehrt behaupten die Briten, dass sie den Brexit nicht dazu durchgezogen haben, um immer weiterhin den EU-Regeln unterworfen zu bleiben. Und man frägt sich: Warum werden den Briten so drakonische Bedingungen auferlegen, die bisher von keinem Handelspartner verlangt wurden? Warum diese übermässigen Forderungen? Vielleicht hat Emmanuel Macron, mehr oder weniger bewusst, einen Teil der Antwort gegeben. Der französische Präsident nahm an der Münchner Sicherheitskonferenz teil, die dieses Jahr vom 14. bis 16. Februar stattfand. Am Rande der Konferenz traf er in kleinen Gruppen mit verschiedenen deutschen Persönlichkeiten zusammen.

Eine von ihnen enthüllte, dass der Herr des Elysée-Palastes ein Geständnis abgelegt hatte, das seine Gesprächspartner erstaunte: « Der Brexit darf kein Erfolg werden« . Die Information wurde von Le Monde (18.02.20) bekannt gegeben, und ihr wurde nicht widersprochen.

Der Satz ist wirklich nicht unbedeutend, zu einer Zeit, in der die offizielle Rede der europäischen Staats- und Regierungschefs eine « Einigung zugunsten von beiden Seiten » fordert. Das Geständnis zeugt von einem Geisteszustand, der nicht überraschend ist: seit dem britischen Referendum vom Juni 2016 sind die Brüsseler Eliten nicht nur durch den Austritt Großbritanniens traumatisiert, sondern vor allem durch den « Dominoeffekt », der dadurch entstehen könnte.

Für Emmanuel Macron, stellt sich die Frage zweifellos viel konkreter als bisher: was wäre, wenn der Brexit nicht nur keine der angekündigten Katastrophen verursachte, sondern dem Land auch bemerkenswerte Erfolge ermöglichte? Sollte dies der Fall sein, könnte die Zahl der Austrittskandidatenländer schnell zunehmen… Also muss der Brexit scheitern, träumt man im Elysée-Palast. Dass ein solcher Wunsch vor Zeugen geäußert wurde, mag überraschen. Aber wir sollten dem Präsidenten in diesem Punkt danken: sein Eingeständnis, ob ungeschickt oder berechnend, hat das Verdienst, die Ängste des Staatsoberhauptes und wahrscheinlich auch seiner Kollegen im Europäischen Rat in unverblümter Weise zu offenbaren. 4. März 2020

https://ruptures-presse.fr/deutsch/macron-brexit-erfolg-muenchen/


Mehr Personal für die europäische Abschottung

Für die nächsten Jahre plant die EU einen massiven Ausbau ihrer Grenzschutzagentur Frontex. Soll sich die Schweiz daran beteiligen? Während die Grünen dem Vorhaben eine klare Absage erteilen, tut man sich bei der SP schwer damit.

Von Heiner Busch

Noch bis zum 27. März konnten sich «interessierte Kreise» dazu äussern, ob sich die Schweiz weiterhin an der sogenannten Europäischen Grenz- und Küstenwache, kurz: Frontex, beteiligen und die neue Frontex-Verordnung übernehmen soll. Das Vernehmlassungsverfahren, das der Bundesrat im Dezember 2019 eröffnete, hatte in den letzten Wochen davor besondere Aktualität erhalten.

Am 12. März hat die in Warschau ansässige EU-Agentur an der griechisch-türkischen Grenze zwei «Soforteinsätze» gestartet: 600 GrenzschützerInnen aus diversen Schengen-Staaten waren bisher schon dort präsent. Nun werden weitere 100 ihre griechischen KollegInnen unterstützen. Bei diesen Soforteinsätzen geht es um die Abriegelung der EU-Aussengrenze – notfalls durch den Einsatz von Tränengas und Schockgranaten. Österreich etwa hat dafür die Spezialeinheit Cobra aufgeboten. Gemäss der neuen Frontex-Verordnung dürfen die zu «gemeinsamen Operationen» abgestellten «Einsatzkräfte» nun auch selbstständig Menschen an der Grenze zurückweisen, unmittelbaren Zwang anwenden und Waffen einsetzen – und zwar nicht nur zur Selbstverteidigung. «Nicht-letale Waffen», insbesondere Schlagstöcke und Tränengas, sollen demnach auch genutzt werden, «wenn eine geringere Anwendung von Zwang als eindeutig unzweckmässig erachtet wird».

Die neue Verordnung beschert Frontex zudem mehr Personal. Bis 2027 soll eine «ständige Reserve» auf 10 000 GrenzwächterInnen anwachsen: 3000 davon wären fest bei Frontex angestellt, 1500 weitere sollen die Schengen-Staaten langfristig und 5500 jeweils kurzzeitig für Operationen abstellen. Das schweizerische Grenzwachtkorps müsste dann 16 MitarbeiterInnen fest und 59 ad hoc an die Agentur delegieren. Die Frontex-Verordnung ist längst nicht die einzige Schengener Neuerung, die auf der politischen Tagesordnung der Schweiz steht. Mit einem ganzen Paket von Verordnungen soll der Ausbau der Datenbanken im Bereich Polizeikooperation und Migrationskontrolle rechtlich eingekleidet werden. Bereits im Juni 2019 hat das Parlament der Beteiligung am Ein- und Ausreisekontrollsystem (EES) zugestimmt. Darin werden demnächst alle Drittstaatsangehörigen, die zu einem Kurzaufenthalt in den Schengen-Raum einreisen, mit Fingerabdrücken und Gesichtsbildern registriert. Im März 2020 hat der Bundesrat auch die Botschaften für die Übernahme der Verordnungen über das «Reiseinformations- und Genehmigungssystem» (ETIAS) und das Schengener Informationssystem (SIS) vorgelegt. In ETIAS müssen sich Drittstaatsangehörige, die kein Visum benötigen, vor ihrer Einreise anmelden. Im SIS werden in Zukunft auch alle Einreisesperren gespeichert. Das System ist zudem um eine Fingerabdruckdatenbank ergänzt worden.

Im Januar 2020 endete ferner die Vernehmlassung über zwei EU-Verordnungen zur «Interoperabilität», mit der die EU die Schengener Datenbanken und vor allem ihre biometrischen Komponenten zusammenschalten will. Dadurch wird praktisch eine Megadatenbank über AusländerInnen aus Drittstaaten entstehen. Niemand soll unerkannt einreisen können, lautet die Parole.

Im Schengen-Assoziierungsabkommen, das 2004 vom Parlament angenommen und 2005 im Referendum bestätigt wurde, verpflichtete sich die Schweiz, jede Neuerung des Schengen-Acquis zu übernehmen. Zwar könnte das Parlament die Übernahme neuer Verordnungen oder Richtlinien verweigern – allerdings mit der Konsequenz, dass die Schweiz dann aus der Schengen-Kooperation ausgeschlossen würde. Die beiden linken Fraktionen des Parlaments, SP und Grüne, haben damals dem Abkommen zugestimmt. Als pro-EU Parteien erhofften sie sich vom Abbau der Schengener Binnengrenzen auch einen Abbau der schweizerischen Isolationspolitik. Dass man sich mit dem Schengen-Beitritt auch an der Abschottung der EU-EFTA-Aussengrenzen und einer repressiven Migrations- und Asylpolitik beteiligte, drang erst nach dem Referendum von 2005 in die Köpfe.

Bei den Grünen kehrte die Ernüchterung recht schnell ein. Bei der Übernahme der ersten Frontex-Verordnung 2008 sagten bereits 17 der 22 grünen NationalrätInnen Nein. 2017 stimmte die Fraktion dann geschlossen gegen die Revision der Verordnung, die Frontex zur «Europäischen Grenz- und Küstenwache» adelte. «Die Grünen sagen seit geraumer Zeit durchgängig Nein zu den Vorlagen, die die Festung Europa noch weiter ausbauen», sagt Fraktionspräsident Balthasar Glättli, der 2005 als Generalsekretär von Solidarité sans frontières für das Nein zu Schengen geworben und sich damit in seiner Partei viel Ärger eingehandelt hatte. «Wir allein können nicht verhindern, dass die Schweiz Frontex oder der Erweiterung des SIS zustimmt, aber wir haben zumindest eine kohärente Position.»

Glättli weiss, dass Schengen-Vorlagen nur in einer unheiligen Allianz zwischen der Linken und der SVP aus den Angeln gehoben werden könnten. Wenn die Schweiz dadurch aus der Schengen-Kooperation hinausfliege, bedeute das jedoch nicht automatisch eine Mehrheit für eine progressive Politik. «Wir hätten einiges zu tun, um in der Öffentlichkeit unsere Argumente gegenüber denen der SVP deutlich zu machen.» Bisher gab es nur ein von SVP und Linken auch inhaltlich gemeinsam getragenes Referendum gegen eine Weiterentwicklung des Schengen-Acquis: die Abstimmung über die biometrischen Pässe im Mai 2009, die mit einer hauchdünnen Differenz von gerade einmal 5680 Stimmen angenommen wurde. Eine neue Gelegenheit ist nicht in Sicht.

Die SP-Fraktion ist derweil gegenüber Schengen erheblich freundlicher eingestellt: 2008 sagten 2 NationalrätInnen Nein zu Frontex, 21 enthielten sich und 17 stimmten zu. 2017 schienen die Bedenken bei den SozialdemokratInnen vergessen: 37-mal Ja, 2-mal Nein und 3 Enthaltungen. In den Vernehmlassungen der SP, zum Beispiel zum Informationssystem SIS, manifestiert sich zwar ein gewisses Unbehagen. Die faktische Abschaffung des Datenschutzes für AusländerInnen auf EU-Ebene versucht man etwa durch etwas mehr Datenschutz in der schweizerischen Umsetzung der SIS-Verordnungen abzubremsen.

Im Abstimmungsverhalten der Fraktion hat sich dieses Unbehagen – bisher jedenfalls – nicht niedergeschlagen: Im Juni sagten 32 SP-NationalrätInnen Ja zum Ein- und Ausreisesystem, 4 enthielten sich, 5 lehnten die Vorlage ab – darunter die Baselbieterin Samira Marti. Sie steht auch dem Ausbau von Frontex «sehr kritisch» gegenüber: «Die Europäische Union fokussiert seit Jahren auf den Ausbau des Grenzschutzes unter dem Vorwand, illegale Migration verhindern zu wollen – ohne legale Fluchtwege nach Europa zu schaffen.»

In den letzten Monaten hat sich Marti insbesondere mit dem Schicksal der auf der Balkanroute blockierten Geflüchteten befasst. «In Kroatien werden Hunderte Migranten daran gehindert, einen Asylantrag zu stellen. Ob und wie Frontex dabei mitwirkt, ist mindestens unklar. Ohne dass die Schweiz also einen entsprechenden eigenständigen Solidaritätsbeitrag zur Linderung der humanitären Krise leistet, werde ich der Vorlage nicht zustimmen.» https://www.woz.ch/-a742, WoZ, Nr. 13/2020 vom 26.03.2020

Weitere Lektüre:

Drohnen für Frontex, Le monde diplomatique, Februar 2020. https://monde-diplomatique.de/artikel/!5661917

In der Falle von Moria, Le Monde diplomatique, Februar 2020, https://monde-diplomatique.de/artikel/!5661928


Corona offenbart Verletzlichkeit der schrankenlosen Globalisierung

Die EU-Freihandelsverträge lassen sich jetzt nicht ungeachtet der dramatischen Entwicklungen, die durch das Virus Covid 19 ausgelöst wurden, betrachten. Davon sind auch viele andere, mindestens so wichtige Themen, gleichermaßen betroffen, wie z.B. die Lage der Flüchtlinge in und vor Griechenland oder das Gesundheitswesen eines Staates.

Trotzdem beschränke ich mich auf den Freihandel, denn das Ausbreiten des Coronavirus offenbart gravierend die Verletzlichkeit der schrankenlosen Globalisierung und die Vorteile funktionierender innerstaatlicher Versorgung.

Wieder Paralleljustiz für Konzerne

Im Schatten von Covid 19 ist auch völlig aus dem Blickpunkt geraten, dass wieder einmal höchstproblematische EU-Freihandelsabkommen, aktuell mit Vietnam, abgeschlossen wurden. Am 12. Februar 2020 hat das EU-Parlament für das Handels- und das Investitionsabkommen mit Vietnam gestimmt. Das Handelsabkommen könnte schon sehr rasch in Kraft treten, das Investitionsschutzabkommen muss noch im Laufe der Zeit von den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Bereits im Jänner warnten Renate Anderl (Präsidentin der AK) und Wolfgang Katzian (Präsident des ÖGB) in einem gemeinsamen Brief die EU-Abgeordneten vor den schwerwiegenden Folgen dieser Abkommen. Wie schon bei anderen (CETA, MERCOSUR,…) verhindern auch diese Verträge eine faire internationale Handelspolitik, schränken den Gestaltungsspielraum der Mitgliedsstaaten bei wichtigen Fragen des öffentlichen Interesses massiv ein und enthalten das zu Recht heftig kritisierte Sonderklagerecht für Konzerne (ISDS).

Das EU-Vietnam-Abkommen ignoriert (wieder einmal) völlig die dringenden Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, wie z.B. die Verringerung der sozialen Ungleichheit, die Förderung nachhaltiger Entwicklungen und die Eindämmung der Klima- bzw. Umweltkrise. Im „European Green Deal“, der Ende letzten Jahres von der EU-Kommission präsentiert wurde, wurden den Maßnahmen für Klimaschutz und für eine nachhaltige Entwicklung „oberste Priorität“ eingeräumt. Am 15. Jänner 2020 sprach sich das EU-Parlament diesbezüglich in einer Entschließung dafür aus, „dass alle internationalen Handels- und Investitionsabkommen starke, verbindliche und durchsetzbare Kapitel über nachhaltige Entwicklung – einschließlich Klima und Umwelt – enthalten sollen.“ Schön und gut! Trotzdem findet sich im Handelsabkommen zwischen der EU und Vietnam dazu leider nur ein völlig zahnloses Kapitel über nachhaltige Entwicklung, das vom Streitbeilegungsmechanismus ausgenommen ist. Notwendige gemeinsame Standards und konkrete Verpflichtungen zum Schutz und zur Durchsetzung internationaler Klima-, Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechtsverpflichtungen sind ebenfalls nicht vorhanden.

EU-Agenda: Wirtschaftswachstum, Profitmaximierung…

Darüber hinaus wurde weder das Vorsorgeprinzip verbindlich verankert, noch lässt sich eine Liberalisierung der Dienstleistungen lückenlos ausschließen. Trotz langjähriger Kritik und Proteste der Zivilgesellschaft ist die globale Paralleljustiz für Konzerne (ISDS) erneut einzementiert worden…

Die einzige Agenda der EU ist Wirtschaftswachstum, Gewinnmaximierung (vor allem für Großbetriebe und Konzerne) und eine Kostensenkung im Gesundheits- und Sozialbereich um jeden Preis. Umwelt- oder ArbeitnehmerInnenschutz, geschweige denn wirklich fairer Handel mit Ländern, die genau einen solchen bitter benötigen würden, ist nicht Teil des Konzepts.

Lehren der Coronakrise

Durch die Coronakrise wird uns jetzt sehr deutlich vor Augen geführt, dass wir uns nicht einfach der EU bzw. dem freien Markt überlassen dürfen. Wenn die lokale Landwirtschaft, Nahversorger und kleinere Betriebe dem Freihandel geopfert, die Produktion von Medikamenten, Schutzkleidung oder –masken etc. aus Kostengründen ausgelagert werden, bzw. das Gesundheitssystem kaputtgespart wird (Fiskalpakt), gelangen wir sehr schnell an existenzbedrohliche Grenzen. Deshalb ist es wichtiger denn je, dass wir uns als „Zivilbevölkerung“ informieren, engagieren und von unserer Regierung bei derartigen (und anderen) wichtigen Themen eine Volksabstimmung fordern!

Susanne Müller, Solidarwerkstatt Linz, März 2020 https://www.solidarwerkstatt.at/arbeit-wirtschaft/corona-offenbart-verletzlichkeit-der-schrankenlosen-globalisierung

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