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Kurzinfos Mai 2006

Amnesty International kritisiert minimalistische Rolle der EU in Menschenrechtsfragen

Der internationale Menschenrechtsreport 2006 von Amnesty International kritisiert die EU für ihr minimalistische Konzept bezüglich der Menschenrechte in der EU - dies in Hinblick auf schädlichen Auswirkungen der britischen Anti-Terror-Gesetze.

Der Report betont, dass westliche Regierungen immer noch die Menschenrechte verletzten - im Namen der Sicherheit. Diese Verletzungen gehen bis zur Folter. Besonders Grossbritannien wird kritisiert: für die schärfsten Anti-Terror-Gesetze und für die Deals mit Ländern wie Libanon, Jordanien und Libyen bezüglich der Auslieferung von terrorverdächtigten Personen, die in diesen Ländern gefoltert oder gar ermordet werden.

Amnesty kritisiert auch Zypern, Griechenland, Italien Malta und Spanien für die gesetzeswidrige Ausweisung von Asylbewerbern, bevor diese angehört wurden. Weitere Kritikpunkte: Rassismus und Diskriminierung, besonders gegenüber Juden, Moslems und Roma. Kritisiert wird auch die Intoleranz gegenüber Lesben und Schwulen in Littauen, Polen und Rumänien. 24. Mai.2006 (Lucia Kubosova; EUOBSERVER.com).



6. EU-Umweltaktionsprogramm bisher wenig erfolgreich

Im 6. Umweltaktionsprogramm (Beschluss 1600/2002/EG) werden für die Zeit zwischen 2002-12 Ziele der EU-Umweltpolitik in vier prioritären Bereichen definiert: Klimawandel, Biodiversität, Umwelt und Gesundheit sowie Ressourcen und Abfall.

Die Europäische Kommission wird im November 2006 einen Review dazu vorlegen. Als Beitrag zur Debatte hat das Europäische Umweltbüro EEB das IEEP (Institute for European Environmental Policy) mit einer Studie zu den bisherigen Erfolgen des UAP beauftragt und nun veröffentlicht. Die Bilanz fällt demnach eher traurig aus: Von 41 Kernzielen wurden bisher nur 6 erreicht, einige Fortschritte gab es zu 23 Zielen, bei 12 Zielen ging gar nichts weiter. Besonders stark kritisiert die Studie das Instrument der Thematischen Strategien: Die Entwicklung der Strategien sei zu langwierig, das Programm bleibe in den Verfahren stecken statt Resultate zu erzielen. Insgesamt seien in den Bereichen, die nicht von thematischen Strategien abgedeckt sind (zB Klimawandel), mehr Fortschritte erzielt worden.

In seiner Pressemeldung zur Studie gibt das EEB die Schuld für die mangelnden Fortschritte allen drei wesentlichen EU-Playern: Kommission, Europäisches Parlament und Mitgliedstaaten. Pressemeldung EEB http://www.eeb.org/press/press.htm; (15. Mai 06) Kommissionswebsite 6. UAP: http://ec.europa.eu/comm/environment/newprg/index.htm (EUropaInfo Mai 2006)


Einheitsfront für deutsche Biobauern

Experten und Abgeordnete aller Parteien wollen die geplante EU-Öko-Verordnung kippen. Denn sie weiche die Kriterien auf und sei verbraucherfeindlich. Auch die Kontrollen würden weniger streng. Nun bekommt die EU einen Brief vom Bundestag

AUS BERLIN ANNETTE JENSEN

So einig waren sich Parlamentarier aller Parteien selten: Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Öko-Verordnung gehört in den Papierkorb. Zuvor hatten die Abgeordneten im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fünf Experten befragt - und auch deren Stellungnahmen unterschieden sich nur marginal.

Die EU will die Standards für Öko-Produkte und deren Herstellung europaweit vereinheitlichen. Kritiker befürchten aber, dass dadurch die bislang strengen deutschen Kriterien aufgeweicht werden. Hiesige Biosiegel, die hohes Vertrauen bei den Verbrauchern genießen, sollen nach den EU-Plänen nicht mehr auf ihre strengen Kriterien hinweisen dürfen, monierte zum Beispiel Thomas Dosch vom Anbauverband Bioland: "Man sagt uns, wir seien nichts anderes als internationale Handelshemmnisse", empörte er sich. Dabei berge gerade die Einführung von "EU-Einheits-Bio" die Gefahr, dass der Wettbewerb behindert werde, weil dann alle Produkte gleichwertig erschienen.

Es sei inakzeptabel, dass die EU-Kommission allein definieren wolle, wie Biobauern zu ackern hätten, monierten mehrere Sachverständige. Zugleich eröffnet die EU-Verordnung aber auch Pseudobioprodukten neue Chancen. Schwammige Begriffe wie "naturnah" sollen wieder zulässig sein.

Über einen anderen Punkt herrschte ebenfalls Einigkeit: Auch die Kontrolle von Bio-Waren, die außerhalb der EU hergestellt werden, würde schwächer. Obwohl dieser Teil der Verordnung bereits Anfang 2007 in Kraft treten soll, fehlt noch jede Durchführungsbestimmung. So ist unklar, was mit "gleichwertigen" Produktionsstandards und Kontrollregelungen gemeint ist. "Im Prinzip geht es um einen Angriff auf den deutschen Markt", formulierte Bauernverbandsfunktionär Heinrich Bassewitz seine Sicht. Dosch warnte hingegen davor, protektionistische Töne anzuschlagen. "Wir wollen keinen Konsumpatriotismus."

Seit der Vorschlag der EU-Kommission im Dezember vorliegt, herrscht große Unsicherheit in der deutschen Ökoszene. Zwar tragen sich viele Bauern mit dem Gedanken, ihren Hof auf ökologische Wirtschaftsweise umzustellen; schließlich wuchs die Nachfrage nach Biokartoffeln, -äpfeln und -wurst im vergangen Jahr um 15 Prozent. "Aber jetzt warten erst mal alle ab, weil völlig unklar ist, wie es weitergeht", beschreibt Jochen Neuendorff von der Konferenz der Kontrollstellen die Situation.

Die bündnisgrüne Abgeordnete Ulrike Höfken schlug zum Ende der Ausschusssitzung vor, einen fraktionsübergreifenden Antrag zu verfassen, der auf eine Änderung der EU-Vorschläge abzielt - und erntete breite Zustimmung. Auch einen Protestbrief an die EU-Kommission wollen die Abgeordneten schreiben. taz (Annette Jensen) 18. Mai 2006


EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel - Attac, FDCL und Weed protestieren gegen Druck auf Bolivien

Auf dem IV. EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel vom 11.-13. Mai 2006 in Wien wollen die EU-Staatschefs Druck auf Bolivien und andere linke Regierungen in Lateinamerika ausüben, damit diese im Interesse der europäischen Konzerne auf die Überführung der natürlichen Ressourcen in öffentlicher Regie verzichten.

'Entgegen der Kritik der Bundesregierung ist die Maßnahme in Bolivien der richtige Schritt zur Armutsbekämpfung', sagt Thomas Fritz vom Berliner Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika - FDCL. Stefan Schmalz von Weed ergänzt: 'Die Hälfte der bolivianischen Bevölkerung lebt am oder unter dem Existenzminimum. Die Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte hat daran nicht nur nichts geändert, sondern die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft. Es ist Zeit, dass die Reichtümer des Landes endlich auch den Armen zugute kommen.'

Dem offiziellen Treffen der Staatschefs setzen Organisationen der Sozialen Bewegungen aus Europa und Lateinamerika den Alternativgipfel 'Enlazando Alternativas 2' entgegen. Geplant sind u.a. Tribunale gegen europäische Konzerne, die in Lateinamerika aktiv sind. Kerstin Sack von Attac betont: 'Bei dem Alternativgipfel geht es um eine bessere Vernetzung der sozialen Bewegungen beider Kontinente, zum Beispiel im Bereich der Privatisierung von Wasser, und der Diskussion von Alternativen zur neoliberalen Politik. Längst sind es gemeinsame Kämpfe gegen die menschen- und umweltfeindliche Durchökonomisierung der Welt.'

An dem Gegengipfel werden unter anderem der Anführer der brasilianischen Landlosenbewegung MST, Joao Pedro Stedile, der Träger des Alternativen Nobelpreises, Johan Galtung aus Norwegen, und die Vize-Präsidentin von Attac-Frankreich, Susan George, teilnehmen. Auf der Abschlusskundgebung sprechen auch die Präsidenten Boliviens und Venezuelas, Evo Morales und Hugo Chávez. (Gemeinsame Presseerklärung vom 11. Mai 2006, Attac, FDCL, Weed, Für Rückfragen: Thomas Fritz (FDCL): 0160 - 93231548, Stefan Schmalz (Weed): 0163 - 2359497, Kerstin Sack (Attac): 0175 - 3408588).


Estnisches Parlament ratifiziert EU-Verfassung

Am 9. Mai, dem Tag der Besetzung durch Sowiet-Truppen im Jahre 1945, ratifizierte das esthnische Parlament (Riigikogu) die EU-Verfassung. 73 stimmten für die Verfassung und einer dagegen (10 Enthaltungen). 3 von 4 Parlamentarier hatten laut der grössten esthnischen Tageszeitung “Postimees” ( 9. May 2006 ) erklärt, dass sie die Verfassung nicht vollständig gelesen hatten. Sie hatten nur die "wichtigsten Punkte" gelesen.


EU-Handelspolitik "ökologisch fatal, sozial diskriminierend"

Die Handelspolitik der EU ist unvereinbar mit ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Geschlechtergerechtigkeit. Das ist das Ergebnis einer von der Umweltdachorganisation Friends of the Earth Europe (FoEE) und der Frauen- und Entwicklungsorganisation Women in Development Europe (WIDE) vorgelegten Analyse zur EU-Handelspolitik. Ende März 06, am Vorabend einer hochrangigen EU-Kommissionskonferenz, kritisierten die Organisationen, die EU treibe die Etablierung eines Systems voran, das Gerechtigkeit und Umweltschutz ignoriere. Der Bericht analysiert vor allem die EU-Position bei den WTO-Verhandlungen in Hongkong im letzten Dezember 05 und bei den nachfolgenden Verhandlungen.

"Unkontrolliertes Wachstum des Handels und offene Märkte für natürliche Ressourcen und Dienstleistungen in Entwicklungsländern führen nicht zu nachhaltiger Entwicklung", kritisierte FoEE-Handelsexpertin Alexandra Wandel die Haltung der EU- Kommission. Die Verhandlungen verliefen weder transparent noch demokratisch und dienten hauptsächlich zur Sicherung der eigenen Pfründe. Statt Entwicklung wie in der Doha-Erklärung 2001 versprochen zum Herzstück der Verhandlungen zu machen, zwängen die EU, die USA und andere Staaten die Entwicklungsländer zu einer weiteren Liberalisierung ihres Agrar-, Industriegüter- und Dienstleistungssektors. Die EU müsse ihre Handelsagenda für ökonomische Alternativen öffnen.

Der Bericht behandelt unter anderem den Ausverkauf natürlicher Ressourcen unter der WTO, die Frage der Ernährungssouveränität, die biologische Sicherheit sowie die Gender-Dimension der Handelsagenda. Dabei geht es sowohl um Agrar- als auch Nicht-Agrar-Produkte. Weitere Informationen: Friends of the Earth (FoEE), Alexandra Wandel, Brüssel; wandel@foeeurope.org Bericht im Internet: www.eurosur.org/wide/Globalisation/ WTO06.pdf. DNR EU-Rundschreiben, Mai 2006, S. 10.


Ausgabensteigerung für EU-Forschung

Das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU wird viel umfangreicher als das laufende. Für die Schweiz dürften die Kosten von jährlich 230 auf 340 Millionen Franken oder mehr steigen. Eine Rückkehr zur Kooperation auf Projektbasis wird von den Beteiligten abgelehnt.

Schweizer Wissenschafter beteiligen sich seit 1987 an Projekten der europäischen Rahmenprogramme. Die sonst von der EU übernommenen Kosten wurden zuerst vom Bund gedeckt. Aufgrund des Forschungsabkommens, eines Teils der Bilateralen I, ist die Schweiz seit 2004 assoziierte Partnerin des 6. Rahmenprogramms. Sie kann nun auch Projektkoordinatoren (und -initiatoren) stellen, und die Finanzierung läuft über die EU. Das heisst, dass das Land nach Massgabe seiner Wirtschaftskraft einen Programmbeitrag leistet und Brüssel den gutgeheissenen Projekten Gelder zuweist. Einem Unternehmen wird dabei im Unterschied zu einem öffentlichen Institut nur die Hälfte der anrechenbaren Kosten gedeckt. Eine Zwischenbilanz der Staatssekretariats für Bildung und Forschung hat vor kurzem ergeben, dass bis jetzt etwa gleich viele Mittel in die Schweiz zurückfliessen, wie sie aufwendet. Dennoch stellen sich mit Blick auf das 7. Rahmenprogramm (2007-2013) finanzpolitische Fragen.

Die EU beabsichtigt, in den kommenden sieben Jahren für Forschung und Entwicklung insgesamt 54 Milliarden Euro aufzuwenden. Der massive Ausbau bedeutet für die Schweiz, dass ihr jährlicher Anteil nach heutiger Annahme von 230 auf 340 bis 350 Millionen Franken steigen dürfte. Zudem ist eine Beteiligung an separaten Programmen für Innovation, lebenslanges Lernen und Jugendaustausch geplant, was weitere rund 70 Millionen Franken kosten würde. - Eine deutliche Steigerung der Mittel für Forschung und Entwicklung entspricht zwar der deklarierten Absicht vieler politischer Akteure. Doch wird in diesem Sinn - und als Basis für den Sprung auf die europäische Ebene ,- auch ein Ausbau der nationalen Förderung gefordert. Der Nationalfonds (heutiges Budget: rund 500 Millionen Franken) beantragt für die Jahre 2008 bis 2011 ein Wachstum von je 10 Prozent, die Kommission für Technologie und Innovation (rund 100 Millionen Franken) soll nach Wünschen von Bundesrat Deiss jährlich 11 Prozent mehr Geld erhalten. Zudem melden die Hochschulen steigende Bedürfnisse bei ihrer Grundfinanzierung an.

Eine Erhöhung des Kredits für die EU-Forschung um die Hälfte wird kaum ganz ohne Nebenwirkungen auf verwandte Budgetposten bleiben. Um dem Automatismus der Beitragspflicht zu entgehen, wäre an sich eine Rückkehr zur Beteiligung auf Projektbasis denkbar. Der Bund könnte sejnen Kostenrahmen dann selber bestimmen, müsste aber in Kauf nehmen, eventuell nicht alle von der EU bewilligten Vorhaben unterstützen zu können. Auf Kooperationsprojekte entfallen im 7. Rahmenprogramm allerdings nur noch 60 Prozent des Aufwandes. Von den weiteren Aktionslinien, namentlich von der Förderung der freien Grundlagenforschung, wäre die Schweiz ohne Assoziationsabkommen wahrscheinlich ausgeschlossen. Eine Rückstufung zum Drittland wäre schliesslich auch europapolitisch ein Zeichen der Distanzierung.

Wie wichtig ist das Förderungssystem der EU für die Forschenden selber? Eine Evaluation der schweizerischen Beteiligung am 5. und am 6. Rahmenprogramm hat bestätigt, dass die Zusammen- arbeit den Partnern aus Hochschule und Wirtschaft wissenschaftliche Resultate, Grundlagen für neue Produkte oder Verfahren und auch anhaltende Kontakte verschafft. Aber nur 56 Prozent der Befragten (gegenüber 65 Prozent beim 4. Rahmenprogramm) stuften den Nutzen höher ein als die Kosten - was immer das genau heisst. 12 Prozent fanden das Gegenteil, für die übrigen wog das eine das andere auf. Beklagt wird generell der administrative Aufwand für die GesuchsteIlung und die Rechenschaftsablage. Ob die EU etwa mit dem geplanten zweistufigen Eingabeverfahren Abhilfe schafft, bleibt ungewiss.

«Euresearch» , ein Verein, der im Auftrag des Bundes die Teilnahme an der EU-Forschung konkret unterstützt, hat an einer Tagung in Bern für die weitere volle Partizipation geworben. Ein Komitee aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik will das Terrain für den im Dezember zu fällenden Kreditbeschluss vorbereiten. Eine Rückkehr zur bIossen Projektbeteiligung, wie sie die SVP ausdrücklich fordert, wird als grosser Rückschritt verworfen. Nationale und internationale Forschung seien komplementär, sagte Ständerätin Christiane Langenberger (Waadt, fdp.). Charles Kleiber, Staatssekretär für Bildung und Forschung, wies darauf hin, dass neues Wissen immer mehr in internationalen Netzen entstehe. An der ETH Lausanne machten die EU-Gelder (unter anderem für den Reaktor Iter) 2005 nach Präsident Patrick Aebischer 32 Millionen Franken aus.

Für Monique Calisti, Forschungschefin einer Software-Firma, besteht ein entscheidender Gewinn der Kooperation für ein KMU in dessen Sichtbarkeit auf europäischer Ebene. Einen an- deren Aspekt hob der Chemiker und Nobelpreisträger Richard Ernst hervor: Junge Wissenschafter sollten eine europäische Bildung erhalten. NZZ, 12. Mai 2006, S. 18

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