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Kurzinfos März 2023



Rüstungstreibereien

Die europäischen NATO-Staaten und Chinas asiatische Rivalen haben ihre Waffenimporte massiv gesteigert.

Die europäischen NATO-Staaten und die asiatisch-pazifischen Verbündeten des Westens haben ihre Großwaffeneinfuhr in den vergangenen Jahren stärker gesteigert als jede andere Weltregion. Das geht aus den jüngsten Waffenhandelsstatistiken des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI hervor. Während etwa Afrika, Südamerika und sogar der Nahe und Mittlere Osten ihre Großwaffenimporte im Fünfjahreszeitraum von 2018 bis 2022 gegenüber dem vorigen Fünfjahreszeitraum (2013 bis 2017) teils deutlich reduzierten, nahmen die Einfuhren der europäischen NATO-Staaten um 65 Prozent zu; sie bestanden zu beinahe zwei Dritteln aus Waffenkäufen in den USA. Die USA stellten zwei Fünftel aller Waffenexporte weltweit. Deutschland liegt auf der Rangliste der Großwaffenexporte auf Platz fünf; es verzeichnet starke Auftragsbestände, darunter 29 Kriegsschiffe – mehr als jedes andere Land. Weiteres Rüstungswachstum ist vor allem in der NATO zu erwarten, wo ein Zielwert für die Militärhaushalte in Höhe von drei Prozent der Wirtschaftsleistung diskutiert wird. Dramatische Steigerungen ihrer Wehretats kündigen auch asiatisch-pazifische Staaten in Abwehr Chinas an.

Waffenimporte: plus 65 Prozent

Die Staaten Europas haben ihre Einfuhr von Großwaffen stark aufgestockt und damit den globalen Rückgang des Waffenhandels spürbar gebremst. Wie das Forschungsinstitut SIPRI aus Stockholm berichtet, wurden im Fünfjahreszeitraum [1] von 2018 bis 2022 weltweit 5,1 Prozent weniger Großwaffen verkauft als von 2013 bis 2017 [2]. Stark zurück gingen etwa die Waffenimporte der Staaten Afrikas (minus 40 Prozent) und der Staaten Südamerikas (minus 34 Prozent). Der globale Rückgang fiel jedoch nicht stärker aus, weil die Staaten Europas ihre Waffenkäufe massiv steigerten. In ganz Europa zusammengenommen nahmen die Waffenkäufe von 2018 bis 2022 gegenüber dem vorherigen Fünfjahreszeitraum um 47 Prozent zu, in den europäischen NATO-Staaten gar um 65 Prozent. Hauptlieferant waren dabei mit deutlichem Abstand die Vereinigten Staaten, die ihre Großwaffenlieferungen nach Europa deutlich steigern konnten. Die europäischen Staaten bezogen von 2018 bis 2022 56 Prozent ihrer Waffeneinfuhren aus den USA; bei den europäischen NATO-Staaten waren es sogar 65 Prozent. Lediglich 8,6 Prozent der Waffen, die die europäischen NATO-Staaten kauften, kamen aus Frankreich, 4,9 Prozent aus Südkorea. Letzteres geht fast ausschließlich auf den Kauf von fast 1.000 südkoreanischen Kampfpanzern und von 48 südkoreanischen Kampfjets durch Polen zurück.[3]

USA: Rüstungsexporteur Nr. 1

Mit Abstand größter Waffenexporteur der Welt sind die Vereinigten Staaten, die ihren Anteil an der globalen Großwaffenausfuhr von 33 auf 40 Prozent steigern konnten. Hält dieser Trend an, dann wird schon bald sogar die Hälfte der weltweit gehandelten Waffen aus den USA stammen. Rasant in die Höhe geschnellt ist zudem der Anteil Frankreichs, das von 2018 bis 2022 elf Prozent der globalen Großwaffenexporte abwickelte. Deutschland behauptete Platz fünf, wobei sein Anteil von 6,1 Prozent auf 4,2 Prozent sank und SPIRI auch von einem absoluten Rückgang um 35 Prozent gegenüber 2013 bis 2017 berichtet. Dies läuft scheinbar den Angaben aus den Rüstungsexportberichten der Bundesregierung zuwider, die eine Steigerung von 30,77 Milliarden Euro in den Jahren von 2013 bis 2017 auf 36,37 Milliarden Euro in den Jahren von 2018 bis 2022 verzeichnen. Die Differenz erklärt sich daraus, dass SIPRI konkret gelieferte Großwaffen registriert, während der Rüstungsexportbericht die von der Bundesregierung erteilten Genehmigungen für sämtliche Rüstungsgüter aufführt. Bei den Großwaffen zeichnet sich für die kommenden Jahre ein Anstieg der deutschen Exporte ab: Laut SIPRI haben deutsche Waffenschmieden eine hohe Zahl an Aufträgen für gepanzerte Fahrzeuge und vor allem 29 besonders teure Kriegsschiffe in ihren Auftragsbeständen – mehr als jedes andere Land.

Chinas asiatisch-pazifische Rivalen

Unter den Importeuren ragen außer Europa bzw. den europäischen NATO-Staaten, die gegen Russland rüsten, Ostasien, Indien und - noch - der Nahe und Mittlere Osten heraus. Zwar stammen weiterhin drei der zehn Top-Waffenimporteure (Saudi-Arabien, Qatar, Ägypten) aus Nah- und Mittelost; doch sind die Waffeneinfuhren der Region inzwischen um 8,8 Prozent zurückgegangen. Indien ist zwar unverändert der bedeutendste Großwaffenimporteur der Welt mit einem Anteil von elf Prozent; doch sind auch seine Einfuhren um elf Prozent geschrumpft. Kriegsbedingt ist die Ukraine auf der Rangliste der Großwaffeneinfuhren aus dem Stand auf Platz 14 geschnellt und steht nun allein für rund zwei Prozent aller weltweiten Importe. Bemerkenswert ist daneben jedoch vor allem die Entwicklung in Ostasien und der Pazifikregion. China, dessen Großwaffeneinfuhr vor allem aus Russland stammt, befindet sich auf der Rangliste mit einem Anteil von 4,6 Prozent auf Platz fünf. Damit liegt es jedoch hinter einem der bedeutendsten Verbündeten der USA: Australien (Platz vier) steht allein für 4,7 Prozent der globalen Großwaffeneinfuhr. Südkorea steigerte seine Einfuhr um 61 Prozent und liegt nun mit einem Anteil an den globalen Importen von 3,7 Prozent auf Platz sieben; Japan (plus 171 Prozent) befindet sich mit 3,5 Prozent auf Platz neun.

Zwei, drei, fünf Prozent

Dabei wird der Rüstungsmarkt sowohl in den europäischen NATO-Staaten als auch bei den asiatisch-pazifischen Verbündeten des Westens weiter in hohem Tempo wachsen. In der NATO ist längst eine Debatte darum entbrannt, ob das Ziel, die nationalen Militärhaushalte sollten zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen, nicht aufgestockt werden soll; Verteidigungsminister Boris Pistorius hat vorgeschlagen, die Zwei-Prozent-Schwelle als Mindestwert zu definieren, während andere eine Drei-Prozent-Schwelle fordern und Polen, als bislang einsamer Vorreiter, langfristig sogar einen Wehretat von fünf Prozent seiner Wirtschaftsleistung anstrebt (german-foreign-policy.com berichtete [4]). In Ostasien wollen Südkorea und Japan ihre Militärhaushalte ebenfalls stark erhöhen – Südkorea um jährlich 6,8 Prozent, Japan für den nächsten Fünfjahreszeitraum um 56 Prozent. Australiens Militäretat, der ebenfalls steigt, liegt aktuell bereits bei 2,11 Prozent der Wirtschaftsleistung; laut Berechnung der öffentlich-rechtlichen Australian Broadcasting Corporation (ABC) könnte er allein durch den Mitte März 23 bekanntgegebenen Deal mit Großbritannien und den USA, der die Aufrüstung der australischen Marine mit atomar angetriebenen U-Booten vorsieht, um bis zu einem halben Prozentpunkt steigen.[5]

Europas Waffenschmieden

Der erbitterte Kampf um Anteile an dem im Westen boomenden Rüstungsmarkt ist unter den westlichen Waffenschmieden längst entbrannt. Dabei führen zwar die Vereinigten Staaten zur Zeit mit stolzen 40 Prozent. Europas Rüstungskonzerne schicken sich jedoch an, aufzuholen: Laut SIPRI kamen allein die fünf größten EU-Waffenexportstaaten (Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien, Spanien) zuletzt gemeinsam auf einen Marktanteil von 24 Prozent. 15. März, 2023 https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9193



[1] Im internationalen Waffenhandel können die einzelnen Jahreswerte extrem schwanken, weil besonders teure Rüstungsgüter wie Kriegsschiffe oder High-Tech-Kampfjets zum Zeitpunkt ihres Verkaufs bzw. Erwerbs die Waffenhandelsstatistik massiv nach oben treiben. Um einen möglichst repräsentativen Durchschnitt angeben zu können, berechnet SIPRI Fünfjahreszeiträume.

[2] Trends in International Arms Transfers, 2022. SIPRI Fact Sheet. Solna, March 2023.

[3] S. dazu Die Schlacht um den Panzermarkt. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9177

[4] S. dazu Das Scheitern der europäischen Autonomie. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9168

[5] Mick Ryan: Nuclear submarine deal will deeply impact the Australian Defence Force. Has the government got it right? abc.net.au 14.03.2023.


Seemacht EU

EU-Kommission legt Update der Maritimen Sicherheitsstrategie der EU vor. Josep Borrell: „EU muss lernen, sich auch auf See durchzusetzen“.

Die EU-Kommission legt ein Update ihrer Maritimen Sicherheitsstrategie vor und dringt auf eine umfassende Marineaufrüstung und auf jährliche EU-Seemanöver. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, müsse die Union „in Zeiten steigender geopolitischer Spannungen ... lernen, sich auch auf See durchzusetzen“. Die neue EU-Strategie, die nun noch von den Mitgliedstaaten gebilligt werden muss, sieht nicht nur Maßnahmen zur Bekämpfung von Piraten oder zur Verhinderung von Waffenschmuggel vor, wie sie bereits mit der Operation Atalanta am Horn von Afrika oder mit der Operation Irini vor der Küste Libyens durchgeführt werden. Ausdrücklich geht es auch um militärische Aktivitäten vor dem Hintergrund des zunehmenden „strategischen Wettbewerbs“ mit anderen Staaten „um Macht und Ressourcen“. In speziellem Maß nimmt die EU den Indischen und den Pazifischen Ozean („Indo-Pazifik“) in den Blick, der als „Gebiet eines intensiven geopolitischen Wettbewerbs“ charakterisiert wird.

Die Maritime Sicherheitsstrategie der EU

Erstmals verabschiedet hat die EU eine Maritime Sicherheitsstrategie (European Maritime Security Strategy, EUMSS) im Jahr 2014. Zur Begründung hieß es damals, der größere Teil nicht nur des Außen-, sondern auch des Binnenhandels der Union werde auf dem Seeweg abgewickelt. Insbesondere hänge die Energiesicherheit der EU in hohem Maß vom Import von Energieträgern über die Weltmeere ab.[1] Nicht zuletzt verliefen über 70 Prozent der EU-Außengrenzen im Meer. Die Sicherheit der maritimen Gewässer bzw. die Sicherung der Seewege seien deshalb für die EU von größter Bedeutung. Bereits damals hieß es, dies gelte grundsätzlich global – insbesondere für das „Netzwerk der Schifffahrtsrouten zwischen Kontinenten“, aber auch für verschiedene Seegebiete mit spezieller strategischer Bedeutung. Besonders habe die EU die Nord- und die Ostsee, das Mittel- und das Schwarze Meer, die arktischen Gewässer und den Atlantischen Ozean sowie die Outermost Regions (OMR, Gebiete in äußerster Randlage) im Blick. Letzteres bezieht sich auf die Gewässer rings um oder vor Territorien etwa in der Karibik oder im Indischen bzw. im Pazifischen Ozean, die von EU-Staaten kontrolliert werden – Länder und Inseln, die die Kolonialmächte einst erobert hatten und die sie bis heute in ihrem Besitz halten.

Im Golf von Guinea

Die neue Maritime Sicherheitsstrategie, die die EU-Kommission und der Außenbeauftragte Josep Borrell vorgelegt haben, knüpft im Kern an die Version aus dem Jahr 2014 an. So heißt es, auch weiterhin müsse man zum Beispiel gegen Piraterie, Menschenhandel, Schmuggel von Waffen und Drogen, illegalen Fischfang oder Terrorismus vorgehen; die EU tue dies beispielsweise im Rahmen ihrer Operation Atalanta, mit der sie seit 2008 am Horn von Afrika Piraten bekämpft, oder im Rahmen ihrer Operation Irini, mit der sie seit 2020 das Waffenembargo gegen Libyen durchzusetzen sucht. Außerdem sollen Maßnahmen wie diejenigen weitergeführt werden, mit denen die EU im Golf von Guinea tätig ist. Die Region ist seit vielen Jahren von Piraterie betroffen, was die Union insofern trifft, als dort zahllose europäische Handelsschiffe kreuzen. Die EU unterstützt jetzt Anrainerstaaten bzw. regionale Organisationen etwa bei der Verbesserung der Hafensicherheit oder auch bei Entwicklung sowie Umsetzung maritimer Sicherheitsstrategien.[2] In der Vergangenheit hat die Deutsche Marine auch schon an Großmanövern im Golf von Guinea teilgenommen, deren Ziel darin bestand, den gemeinsamen Kampf gegen Piraten zu proben.[3]

„Strategischer Wettbewerb“

Allerdings geht die neue Maritime Sicherheitsstrategie über die Einsatz- und Operationswelt ihrer Vorgängerin deutlich hinaus. Zum einen zielt sie auf den verstärkten Schutz der eigenen maritimen Infrastruktur ab – etwa auf den Schutz von Häfen und Küsteninfrastruktur, von Schiffen, aber auch von Pipelines und Unterseekabeln, und zwar unter explizitem Bezug auf den Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines. Zum anderen nimmt die Strategie die Seewege weltweit ins Visier und zielt dabei ausdrücklich etwa auf die Straße von Hormuz – die Einfahrt aus dem Indischen Ozean in den Persischen Golf –, auf die Straße von Malakka – die Einfahrt aus dem Indischen Ozean ins Südchinesische Meer – sowie darüber hinaus auf das Südchinesische Meer selbst. Bei alledem hat die EU die Zunahme des „strategischen Wettbewerbs um Macht und Ressourcen“ zwischen den Staaten weltweit im Blick. Mehrere Staaten suchten Kernelemente der „multilateralen Ordnung“ neu zu definieren, heißt es in der Strategie.

Im Südchinesischen Meer

Ganz besonders zielt die EU in ihrer neuen Strategie auf Aktivitäten im Indischen und im Pazifischen Ozean („Indo-Pazifik“ [5]) ab. Die Region, in der die EU über die französischen Übersee-Départements La Réunion und Mayotte sowie über Frankreichs faktische Kolonien Neukaledonien, Französisch-Polynesien sowie Wallis und Futuna verankert ist, wird als „Gebiet eines intensiven geopolitischen Wettbewerbs“ charakterisiert.[6] Dort müsse die EU nicht nur stärker Präsenz zeigen, sondern auch mit Verbündeten eng kooperieren, heißt es; genannt werden insbesondere Australien, Japan und Südkorea, Singapur, Indonesien, Indien und Oman. Faktisch geht es darum, im großen Machtkampf des Westens mit China die westlichen Positionen zu stärken, nicht zuletzt vor den chinesischen Küsten; die neue EU-Strategie erwähnt ausdrücklich das Süd- und das Ostchinesische Meer. Die Deutsche Marine hat schon längst begonnen, Manöver in der Asien-Pazifik-Region abzuhalten; so führte die Fregatte Bayern von August 2021 bis Februar 2022 eine Übungsfahrt dorthin durch (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Die nächste Asien-Pazifik-Expedition der Deutschen Marine ist für das kommende Jahr geplant.

„Globaler Sicherheitsgarant“

Zusätzlich zu derlei nationalen Übungen kündigt die neue Maritime Sicherheitsstrategie ein jährliches EU-Marinemanöver an, das die Einsatzbereitschaft sowie die Interoperabilität verbessern soll. Darüber hinaus sollen die EU-Staaten ihre Marinen aufrüsten, um nicht nur Überlegenheit bei Überwasserschiffen, sondern auch Unterwasserkontrolle zu erlangen und Seemacht projizieren zu können. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell lässt sich dazu mit der Aussage zitieren, die Meere seien „ein zunehmend umkämpfter strategischer Bereich“: „In Zeiten steigender geopolitischer Spannungen muss die EU lernen, sich auch auf See durchzusetzen.“ Mit der neuen Maritimen Sicherheitsstrategie schöpfe man „unsere Instrumente voll aus“: „Wir erfüllen unsere Zusage, die Stellung der EU als globaler Garant der maritimen Sicherheit zu stärken“.[8] 13. März 2023 https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9190







[1] European Union Maritime Security Strategy. Brussels, 24 June 2014.

[2] Joint Communication to the European Parliament and the Council on the update of the EU Maritime Security Strategy and its Action Plan “An enhanced Maritime Security Strategy for evolving maritime threats”. Brussels, 10.03.2023.

[3] S. dazu Öl für Rüstungsexporte. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/6263/

[4] S. dazu Tatort Ostsee (II) (https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9161)und Tatort Ostsee (IV). https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9187

[5] S. dazu Deutschland im Indo-Pazifik (I). https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8369

[6] Joint Communication to the European Parliament and the Council on the update of the EU Maritime Security Strategy and its Action Plan “An enhanced Maritime Security Strategy for evolving maritime threats”. Brussels, 10.03.2023.

[7] S. dazu Die Fregatte Bayern auf Kolonialfahrt (II) (https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8743) und Mit der Luftwaffe an den Pazifik. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8762

[8] Sicherheit: EU aktualisiert Strategie zum Schutz des maritimen Raums. germany.representation.ec.europa.eu 10.03.2023.


Freie Marschrouten

Die EU setzt den Ausbau ihrer Verkehrsinfrastruktur für umfangreiche Truppenbewegungen in Richtung Osteuropa und Ukraine fort und vermeldet erste Erfolge.

Die EU treibt den Ausbau ihrer Verkehrswege in Richtung Osten für militärische Zwecke voran und vermeldet inzwischen greifbare Erfolge. Demnach haben erste Maßnahmen, die unter dem Schlagwort „militärische Mobilität“ („military mobility“) umgesetzt wurden, bereits zu Erleichterungen beim Transport von Kriegsgerät aller Art aus den Mitgliedstaaten von EU und NATO in die Ukraine geführt. Weitere Schritte werden gegenwärtig umgesetzt oder sind geplant, so zum Beispiel der Bau einer Brücke aus Rumänien über den Fluss Prut nach Moldawien, das fürchtet, in den Krieg gezogen zu werden. Vor allem geht es darum, potenzielle „militärische Hauptrouten“ auch militärisch nutzbar zu machen – etwa Straßen und Brücken so umzubauen, dass sie unter der Last überaus schwerer westlicher Kampfpanzer nicht zusammenbrechen. Der Ausbau der militärischen Mobilität wird in enger Abstimmung mit Soldaten der NATO-Staaten geplant, deren Erfahrungen aus Manövern in Ost- und Südosteuropa genutzt werden, um die Verkehrswege für die Streitkräfte zu optimieren.

„Bewegungen großer Kräfte“

Die EU treibt die Militarisierung ihrer Transportnetze in Richtung Osteuropa weiter voran. Unter dem Schlagwort „militärische Mobilität“ finanziert und koordiniert Brüssel den Ausbau der transeuropäischen Verlegefähigkeit von Streitkräften und Kriegsgerät.[1] Ziel ist es, in enger Abstimmung mit der NATO physische und bürokratische Hürden auf grenzüberschreitenden Routen abzubauen. Dazu sollen „Kapazitäten der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf Gewicht, Größe und Umfang militärischer Bewegungen“ verbessert, eine „Straffung und Harmonisierung komplexer, langwieriger und voneinander abweichender nationaler Vorschriften und Verfahren fortgesetzt“ und der „Schutz des Verkehrssektors vor Cyberangriffen und anderen hybriden Bedrohungen“ verbessert werden.[2] Ziel der Maßnahmen ist es, „rasche, effiziente und ungehinderte Bewegungen potenziell großer Kräfte“ zu ermöglichen, insbesondere auch im Rahmen der NATO. Russlands Einmarsch in die Ukraine habe gezeigt, heißt es, „wie wichtig eine möglichst schnelle und reibungslose Mobilität der militärischen Hilfe ist“.

Erste Erfolge

Tatsächlich profitieren die europäischen Staaten bei ihren Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte nach Angaben aus Brüssel schon jetzt von Fortschritten, die sie in den vergangenen Jahren im Bereich „militärische Mobilität“ erzielt haben. Allerdings behinderten unterschiedliche Eisenbahn-Spurbreiten „zwischen der Ukraine und den EU-Mitgliedstaaten sowie innerhalb der Europäischen Union“ die Militärtransporte in den Krieg noch immer, heißt es.[3] Mit ihrem Aktionsplan Militärische Mobilität 2.0 will die EU nun „das nächste Kapitel“ in Sachen Verlegegeschwindigkeit aufschlagen.

Wege in den Krieg

Ihr erstes Maßnahmenpaket – den Aktionsplan Militärische Mobilität – hatte die EU bereits 2018 beschlossen. Vorangegangen waren erhöhte Truppenbewegungen des NATO-Blocks innerhalb Osteuropas in der Krise, die im Anschluss an den prowestlichen Umsturz in der Ukraine 2014 sowie an die russische Annexion der Krim und der russischen Besetzung von Teilen des Donbass eskaliert war. Seitdem gehen erhöhte militärische Aktivitäten und der Ausbau der militärischen Mobilität in und nach Osteuropa Hand in Hand. Während der Manöver machen die Soldaten der NATO- und EU-Staaten sich mit den Marschrouten vertraut und testen ihre schnelle Passierbarkeit. Die in den Manövern gesammelten Erfahrungen fließen dann in die Planung der Maßnahmen zur Verbesserung der militärischen Mobilität ein. Diese wiederum ermöglicht immer schnellere und immer größere transatlantische und transeuropäische Truppenverlegungen in Richtung Osten. Dadurch wurde der erste gewaltige Aufmarsch des NATO-Blocks seit dem Ende des Kalten Krieges möglich: Während des Manövers Defender Europe 2020 verlegten rund 20.000 US-Soldaten auf zwölf unterschiedlichen Routen über den Atlantik und quer durch Europa in Richtung russische Grenze und Ukraine; insgesamt waren rund 37.000 Soldaten beteiligt.

„Connecting Europe“

Im Rahmen ihres Programms zum Ausbau der militärischen Mobilität hat die EU zunächst die Anforderungen an die Infrastruktur festgelegt, die sie seitdem entlang „militärischer Hauptrouten“ militärisch nutzbar macht. Für Projekte mit „Doppelnutzung“ (zivil und militärisch) stehen für den Zeitraum 2021 bis 2027 unter dem Schlagwort „Connecting Europe“ 1,69 Milliarden Euro bereit. Mittlerweile sei das Zusammenwirken des militärischen und des zivilen Netzes bereits verbessert worden, heißt es. Inzwischen gibt es einen offiziellen Vorschlag für eine Überarbeitung der Verordnung über die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V), mit der die Anforderungen für die militärische Mobilität in die Planung der bis jetzt formal rein zivilen europäischen Infrastruktur einfließen sollen. Darüber hinaus wurden regulatorische Hemmnisse für Militärbewegungen an Grenzübergängen abgebaut, beispielsweise im Zoll und bei Gefahrguttransporten. 24 EU-Staaten und Norwegen setzen diese Anstrengungen gegenwärtig in Form des Projekts „Optimierung der Verfahren für die Genehmigung grenzüberschreitender Bewegungen in Europa“ fort.

PESCO

Auch im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) treibt die EU die Militarisierung ihrer Infrastruktur voran, vor allem in Teilprojekten mit den Bezeichnungen Militärische Mobilität und Logistik-Drehkreuze. In diesem Rahmen werden nationale Maßnahmen auch über den Aktionsplan hinaus koordiniert und bereits bestehende nationale Infrastruktur und logistische Kapazitäten auf EU-Ebene militärisch nutzbar gemacht. All diese Maßnahmen laufen dabei unter der Maßgabe, sich eng mit der NATO abzustimmen. Folgerichtig sind auch die USA, Kanada und Norwegen in die PESCO-Projekte in Sachen militärische Mobilität eingegliedert. 08. März, 2023. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9186

[1] Ein Strategischer Kompass für Sicherheit und Verteidigung – Für eine Europäische Union, die ihre Bürgerinnen und Bürger, Werte und Interessen schützt und zu Weltfrieden und internationaler Sicherheit beiträgt. Rat der EU, Pressemitteilung vom 21. März 2022.

[2], [3] Action Plan on Military Mobility 2.0. defence-industry-space.ec.europa.eu 10.11.2022.

Aktionsplan zur militärischen Mobilität 2.0 vom 10.11.2022 [4] Claudia Haydt: Bahn frei für die Bundeswehr. imi-online.de 07.01.2019.


„Beherrschung der Ozeane“

Die EU-Kommission will die Maritime Sicherheitsstrategie der EU (EU-MSS) aus dem Jahr 2014 erneuern. Die EU-Staaten sollen „das volle Spektrum“ der Seekriegsführung entwickeln, um die „Beherrschung der Ozeane“ zu erlangen – bis ins süd- und ostchinesische Meer.

Der Hohe EU-Vertreter und Vizepräsident der EU-Kommission Josep Borrell begründete die neue EU-MSS folgendermaßen: „Nicht nur der Luftraum, der Weltraum und der Cyberraum, auch die Meere sind ein zunehmend umkämpfter strategischer Bereich. In Zeiten steigender geopolitischer Spannungen muss die EU lernen, sich auch auf See durchzusetzen.“ (1) Ein Blick in die EU-MSS (2) offenbart, dass das Meeresgebiet, in dem die EU sich militärisch durchsetzen will, nicht gerade klein ist: Es reicht von der Arktis über das Mittelmeer, Ost- und Nordsee und das Schwarze Meer bis hin zu den Küsten Westafrikas (Golf von Guinea) und Ostafrikas (Golf von Aden). Und weit darüber hinaus. Als neues Aufmarschgebiet für EU-Kriegsschiffe soll der „Indo-Pazifik“ dienen. Besonderes Augenmerk soll die Einfahrt aus dem indischen Ozean in den Persischen Golf (Straße von Hormuz) sowie auf die die Einfahrt aus dem Indischen Ozean in das südchinesische Meer (Straße vom Malakka), sowie auf das süd- und ostchinesische Meer bzw. die Straße von Taiwan selbst gelegt werden.

China im Visier

Damit gerät unmissverständlich besonders China ins EU-Visier des „strategischen Wettbewerbs um Macht und Ressourcen“, wie es im Entwurf zur neuen EU-MSS heißt. Der Auftrag heißt: „Die Mitgliedsstaaten sollen das volle Spektrum mariner Kapazitäten entwickeln … insbesondere sollten sie die Kapazitäten verstärken, um Oberflächenüberlegenheit sicherzustellen, die Macht zur See zu projizieren, Unterwasserkontrolle zu ermöglichen und zur Luftraumverteidigung beizutragen.“ (1) Ziel ist „die Beherrschung der Ozeane“ (Ocean governance). Wohlgemerkt von der Arktis über die Küsten Afrikas bis ins südchinesische Meer. Es wäre interessant zu wissen, wie die EU-Mächtigen reagieren würden, sollte China eine solche „governance“ für die Nordsee, die Straße von Gibraltar oder die Adria proklamieren.

Öl und Erdgas

Unfreiwillig komisch wird die Maritime Sicherheitsstrategie, wenn – im Brustton der Empörung - die maritime EU-Aufrüstung damit begründet wird, dass „einige Nicht-EU-Staaten ihre Kapazitäten und Durchsetzungsfähigkeit zur See steigern und unilaterale Aktionen setzen. Dies hat den Einsatz von Gewalt oder die Missachtung der nationalen Souveräntität anderer Staaten beinhaltet.“ (1) Wer hat - unter Nutzung von Seestreitkräften - völkerrechtswidrig Jugoslawien und Libyen bombardiert und den Irak überfallen? Will die EU zur See hochrüsten, um sich vor sich selbst bzw. der NATO zu verteidigen? Doch eine Reflexion über eigene Doppelmoral ist solchen EU-Dokumenten zumeist ebenso fremd wie inhaltliche Stimmigkeit. So schafft es diese Maritime Strategie die Bedeutung des Klimaschutzes ebenso zu betonen wie die Notwendigkeit, den Zugang zu und den Transport von Erdöl und Erdgas zur See für die EU sicherzustellen, da „über zwei Drittel des weltweiten Öl- und Erdgas-Angebots entweder aus dem Meer gewonnen oder über die Meere transportiert werden.“ (1)

Geld spielt keine Rolle

In einem eigenen Aktionsplan werden eine Reihe von Maßnahmen verankert, um „sich auf See durchzusetzen“: Diese reichen von jährlichen EU-Marinemanövern, die in Hinkunft abgehalten werden sollen, bis hin zur Ankurbelung von Marinekapazitäten über die diverse EU-Fonds wie z.B. den EU-Rüstungsfonds oder die EU-„Friedensfazilität“. Besonderes Augenmerk wird auf die Entwicklung von Drohnen sowie die zunehmende militärische Nutzung des Weltraum gelegt (z.B. über das Erdbeobachtungssystem Kopernikus-Satelliten bzw. das Satellitennavigationssystem Galileo).

Eingebettet ist die Maritime Sicherheitsstrategie in den „Strategischen Kompass“, in dem sich die EU-Staaten im Frühjahr 2022 verpflichteten, zum „Quantensprung“ (3) bei der Aufrüstung anzusetzen. Diese Hochrüstung läuft auch bei den Marinekapazitäten der EU-Staaten auf Hochtouren. Viele Milliarden fließen derzeit in den EU-Staaten in den Bau neuer Flugzeugträger, Fregatten, Korvetten, U-Boote usw. Vom 100 Milliarden Sondervermögen für die deutsche Bundeswehr sollen immerhin knapp 20 Milliarden für neue Kriegsschiffe investiert werden. Darunter eine neue Fregattengeneration, neue U-Boote sowie KI-gesteuerte unbemannte Systeme. Frankreich baut derzeit mit dem atomgetriebenen „Flugzeugträger der nächsten Generation“ das größte jemals in Europa gebaute Kriegsschiff. Die Kosten dafür werden auf 5 bis 7 Milliarden Euro geschätzt. Auch Italien und Spanien haben milliardenschwere Marineprogramme am Laufen. Dänemark hat im Vorjahr angekündigt, ein großes Flottenprogramm um über 5 Milliarden Euro zu starten. Zur Finanzierung der Aufrüstung wurde sogar unlängst ein gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Geld spielt keine Rolle, wenn es darum geht, dass „sich die EU auf See durchzusetzt.“ Gerald Oberansmayr, (Solidarwerkstatt Linz, März 2023), https://www.solidarwerkstatt.at/frieden-neutralitaet/beherrschung-der-ozeane

Quellen:

(1) Pressemitteilung der EU-Kommission, 10.3.2023

(2) EU-Kommission, Joint communication on the update of the EU Maritime Security Strategy and its Action Plan: An enhanced EU Maritime Security Strategy for evolving maritime threats, März 2023

(3) https://www.solidarwerkstatt.at/frieden-neutralitaet/strategischer-kompass-quantensprung-der-eu-militarisierung


Wie viel Schuld trägt die EU-Troika an der Zugkatastrophe in Griechenland?

"Ihr Profit ist unser Tod", schreien die Demonstranten in allen griechischen Städten. In den Großstädten sind sie gleich zweimal am Tag zu Zehntausenden auf die Straße gegangen. Es handelte sich in Athen um eine der größten Demonstrationen der vergangenen Jahrzehnte.

Auslöser war das Zugunglück bei Tempi vom 28. Februar. Beim Zusammenstoß zweier Züge fanden mindestens 57 Menschen den Tod, manche bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Weil ein Großteil der Todesopfer Studierende, Schüler und junge Menschen waren, gibt es kaum einen Ort im Land, wo es nicht bedrückende Szenen auf Beerdigungen gibt.

"In der Gesellschaft herrscht berechtigte Empörung. Das fatale Systemversagen, das zu Unrecht so vielen Menschen das Leben gekostet hat, rechtfertigt Trauer und Wut", schreibt die an sich regierungsfreundliche Zeitung Kathimerini in ihrem kurzen aktuellen Leitartikel.

Ein Frontalzusammenstoß als Auslöser

Es war ein Unglück mit Ansage. Kurz vor einem Tunnel auf der Höhe der Ortschaft Evangelismos im Tempi-Tal in Nordgriechenland raste der aus dem Süden kommende Intercity ungebremst mit einer Geschwindigkeit von 163 Stundenkilometern gegen einen aus dem Norden mit 80 bis 90 Stundenkilometern fahrenden Güterzug.

Die Eisenbahnen, deren Fahrzeuge noch im staatlichen Besitz sind, werden nach der "Privatisierung" von 2017 als Hellenic Train für 45 Millionen Euro von der staatlichen italienischen Eisenbahn Ferrovie dello Stato Italiane betrieben. Die europäischen Strukturmaßnahmen schrieben zudem die Zerschlagung des früher einheitlichen Eisenbahnkonzerns OSE vor.

Die bei der Privatisierung beschlossenen Investitionen durch den Käufer wurden offensichtlich nicht festgeschrieben. Die Hellenic Train wird für den Schienenverkehr jährlich mit 50 Millionen Euro vom griechischen Staat bezuschusst. Sämtliche Altschulden der OSE übernahm der griechische Staat. Das Schienennetz wird von der staatlichen Bahngesellschaft ErgOSE gewartet. Über die Sicherheit und den Betrieb der Eisenbahnen wacht eine unabhängige Behörde, die außer den beiden Direktoren aus Kostengründen nur vier Angestellte hat. Kompetenzgerangel und chronischer Geldmangel bestimmten den mittlerweile bis auf Weiteres eingestellten Betrieb der Eisenbahnen. Von beantragten 50 Millionen Euro für dringende Wartungen genehmigte die Regierung 2022 nur 25 Millionen Euro.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Premier Kyriakos Mitsotakis am Folgetag nach dem Unglück einen weiteren Teilabschnitt der neuen elektronischen Fahrdienstüberwachung in Thessaloniki einweihen wollte. Die Bilder wollte er im Wahlkampf nutzen. Die bis 2010 funktionierenden älteren elektronischen Verkehrssysteme der Eisenbahnen zerfielen wegen der Sparmaßnahmen der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF).

Seit 2014 wird an einem neuen System gebaut, das aufgrund von Vertragsschwierigkeiten und politischen Fehlern der Regierungen bis heute nicht fertig wurde. Bis Ende März will die Regierung, wie der neue Verkehrsminister Georgos Gerapetritis bei seiner Pressekonferenz verkündete, ein rudimentärer, eingeschränkter Eisenbahnverkehr mit verringerter Geschwindigkeit der Züge wieder aufgenommen werden. Mögliche Entschädigungsforderungen der Hellenic Train stehen im Raum.

Man sei in "Verhandlungen", antwortete Gerapetritis auf eine diesbezügliche Frage. Weitere Entschädigungsforderungen drohen seitens der Wirtschaft. Die Eisenbahn ist der Hauptverkehrsweg für Güter, die aus Griechenland exportiert werden. Für den von der chinesischen COSCO betriebenen Hafen von Piräus ist der Schienenweg ein Teil des Unternehmenskonzeptes für die Rolle des Hafens als Knotenpunkt für Importe nach Europa.

Der Wahlkampf wurde ebenso wie die für vergangene Woche vorgesehene Terminierung der Neuwahlen bis auf Weiteres verschoben. Aus den üblichen "informierten Kreisen" wird nun über einen Termin Ende Mai oder Ende Juni berichtet. Professor George Pagoulatos, Direktor der Eliamep-Denkfabrik in Athen bemerkt, "dies war eine Katastrophe, die vor allem die Jugend getroffen hat. Sie könnte sich auf die Art und Weise auswirken, das politische System als nicht funktionierend anzusehen, und so zu einer systemfeindlichen Wahl oder einer weit verbreiteten Enthaltung führen."

Die "Memoranden-Parteien", die Parteien, welche den Sparkurs der Kreditgeber als Regierung mit trugen stehen nun unter Druck. Die regierende Nea Dimokratia, die Pasok und Syriza haben alle den katastrophalen Sparkurs, dessen fatale Folgen nun unübersehbar sind, mitgetragen.

Mitsotakis nutzt seine Regierungsmacht und wies den obersten Staatsanwalt des Landes Isidoros Dojakos an, auch die Verantwortlichkeiten der Vorgängerregierungen zu überprüfen und den strafrechtlichen Untersuchungen des Unglücks absoluten Vorrang vor allen anderen Fällen zu geben. Dass dies ein verbotener Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz ist, wurde von Syriza angeprangert. Die Menschen auf der Straße interessieren solche Details kaum, ihnen geht es um das Gesamtbild.

Das Spardiktat der Troika ruinierte die Infrastruktur

Das Klima rund um den Syntagma-Platz war explosiv wie bei den Demonstrationen gegen den Sparkurs, die nach der Staatspleite von 2010 bis 2015 das Geschehen bestimmten. Schüler, Studenten, Gewerkschaften, die zum Generalstreik aufgerufen hatten, ältere Menschen und sogar Justizangestellte, alle waren auf der Straße. Die meisten waren in organisierten Blocks unterwegs. Hunderte Kurierfahrer zogen am Mittwochabend mit ihren Motorrollern durch Thessaloniki. Selbst auf den Inseln, auch den abgelegensten wie Karpathos und Anafi gab es Demonstrationszüge. In Athen, Thessaloniki, Patras, Larissa, Agrinio und Volos war virtuell die gesamte Bevölkerung in die Demonstrationen involviert. Griechenland liegt lahm, es gibt nur noch ein Thema, die weggesparte Sicherheit für Zugpassagiere und Bürger allgemein. Denn auch bei den kleinen Inselflughäfen wie Naxos, Milos, Karpathos, Paros und Syros fehlt es an Personal und die vorhandene Infrastruktur verfällt langsam ohne Wartung.

Ähnliche alarmierende Warnungen gab es vor dem Unglück auch für die Eisenbahnen. Es gab auch Unfälle und Pannen, bei denen es eindeutig an Sicherheitssystemen mangelte. Die Kreditgebertroika hatte kurzerhand befunden, dass zu viel Personal rund um die Schiene beschäftigt sei und Entlassungen sowie Versetzungen veranlasst.

Von 2.800 Planstellen waren unter der Vorgängerregierung von Alexis Tsipras noch rund 1.120 besetzt. Aktuell bemühen sich 750 Mitarbeiter, von denen einige, darunter sogar Fahrdienstleiter, aus Kostengründen als (Schein)selbstständige ohne Arbeitnehmervertrag eingestellt sind um die Sicherheit und den Betrieb des Schienennetzes.

Statt Fahrdienstleiter und weiteres Personal für die Sicherheit der Infrastruktur, sowie medizinisches Personal stellte die Regierung lieber Polizisten ein. Jetzt, wo das Unglück geschehen ist, wird endlich auf die verzweifelten Beschäftigten und Gewerkschaftler gehört, die seit Jahren wegen der Sicherheitsmängel mahnen und klagen. Nun zeigen Fernsehsender, dass in Thessaloniki im Kontrollturm der Eisenbahnen Mäuse die Kabelbäume zerfressen haben und nichts mehr wirklich funktioniert.

Die Signalanlagen an den Strecken funktionieren nur in Teilbereichen. Ein rotes Haltesignal kann "Rot" heißen, oder schlicht ein weiterer Fehler im System sein. Gerade deshalb sind die Lokführer auf Fahrdienstleiter angewiesen. Auch hier wurde gespart.

Ein Fahrdienstleiter als Sündenbock

Der aktuell wegen seines mutmaßlichen Fehlers inhaftierte Fahrdienstleiter hatte in der Nacht des 28. Februar 2023 allein Dienst in Larissa, dem zentralen Bahnhof von Griechenlands Hauptbahnstrecke von Athen nach Thessaloniki am Tag des größten saisonalen Verkehrsaufkommens, der Rückreisewelle nach den orthodoxen Karnevalstagen.

Der 59-Jährige hatte nie zuvor selbstständig den gesamten Verkehr einer Station geleitet. Er hatte erst im Januar an einer kleineren Station seinen Dienst angetreten. Vorher wurde er von August 2022 bis 22. Oktober 2022 in 712 Theoriestunden für den Posten des Fahrdienstleiters ausgebildet. Daran schloss sich vom 24. Oktober bis zum 24. Januar ein Praktikum an, das er mit einer bestandenen Prüfung abschloss.

In Deutschland dauert die Ausbildung drei Jahre. Der Fahrdienstleiter war von 1989 bis 2011 als Kofferträger der OSE verbeamtet. Wegen der Sparmaßnahmen der Troika musste er versetzt werden und landete als Bote für Schulbücher im Bildungsministerium. Dann nutzte er eine Ausschreibung für Fahrdienstleiter und mutmaßlich hohe politische Verbindungen, um an den Job zu kommen. Für externe Bewerber war in der Ausschreibung eine Altersgrenze von 42 Jahren vorgesehen. Jetzt droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe. Sämtliche Beamte, die ihn mittelbar oder unmittelbar auf den Posten setzten, werden strafrechtlich überprüft.

Der verantwortliche Minister Kostas Karamanlis trat zurück, bleibt aber bei den kommenden Wahlen als Kandidat auf den Wahllisten der Nea Dimokratia. Acht Tage vor dem Unglück ging er im Parlament den Syriza Abgeordneten Alexandros Méïkopoulos wüst an. Méïkopoulos hatte in einer parlamentarischen Anfrage bezweifelt, dass die Eisenbahnen sicher seien.

Karamanlis verbat sich die Frage und forderte den Fragenden auf, seine "unakzeptablen" Behauptungen zurückzuziehen. Die Eisenbahnen seien sicher und würden über sämtliche europäischen Sicherheitsstandards verfügen, versicherte Karamanlis. Sein damaliger Satz, "sie werden auch zustimmen, dass ein verantwortungsbewusster Staat nicht mit der Sicherheit der Passagiere spielen kann", bringt nun die Demonstranten in Rage.

Die Regierung antwortet mit Zynismus und Märchen

"Es ist möglich, dass der Minister dachte, wenn er im Parlament ans Pult tritt und sagt, dass die Züge ein Sicherheitsproblem haben, werden die Züge morgen nicht in Griechenland verkehren", ist der zynische Kommentar, mit dem der für Wirtschaft zuständige Minister und Dauergast in Talkshows, Adonis Georgiadis seinen Kollegen in Schutz nimmt.

Mitsotakis sah sich bemüßigt, im Namen "aller verantwortlichen Regierenden" um Entschuldigung für das Unglück zu bitten. Am gleichen Tag schlugen seine Bereitschaftspolizisten brutal auf friedliche Demonstranten und attackierten sie und anwesende Fotoreporter mit Tränengas und Blendgranaten. Unter den Demonstrierenden waren Überlebende des Unglücks und Angehörige von Todesopfern.

Das Krisenmanagement der Regierung ist chaotisch

Zu allem Überfluss scheinen einige Minister den Ernst der Lage zu verkennen. Migrationsminister Notis Mitarachi stellte sich der Sendung HARDTalk der BBC und wurde auf das Eisenbahnunglück angesprochen. Statt die Fehler der Regierung zuzugeben, ging er in die Offensive. So behauptete Mitarachi, seine Regierung habe die Metro von Thessaloniki fertig gestellt, sie sei "up and running" (in Betrieb).

Sarkastisch könnte man bemerken, dass die Metro in Thessaloniki den sichersten Schienenverkehr in Griechenland bietet. Denn sie ist noch in der Probephase ohne Passagiere. Somit hat sie keine Sicherheitsprobleme für Passagiere, wie sie nun bei der Tram von Athen, der S-Bahn von Athen und der Metro bekannt wurden. Mitarachi machte es im Nachhinein nur noch schlimmer. Er, der ausschließlich an englischen Bildungseinrichtungen studiert und in London seine berufliche Karriere begonnen hat, behauptete zu seiner Entschuldigung, dass er sich nicht richtig auf Englisch habe ausdrücken können. Auch solche Details erzürnen nun die Bürger, denn sie schmälern das ohnehin kaum noch vorhandene Vertrauen in die Regierung. 09. März 2023 Wassilis Aswestopoulos https://www.telepolis.de/features/Wie-viel-Schuld-traegt-die-EU-Troika-an-der-Zugkatastrophe-in-Griechenland-7540106.html?seite=all


EU plant Greenwashing sogar im Luftverkehr

Auch moderne Flugzeuge belasten das Klima massiv. Doch EU-Investitionsvorschriften sollen sie als «umweltfreundlich» deklarieren. Die Europäische Kommission bereitet derzeit Kriterien vor für die Aufnahme des Luftverkehrs in die EU-Investitionsvorschriften. Das betrifft unter anderem auch die Flugzeugproduzenten. Dabei könnten über 7000 noch zu bauende Airbus-Maschinen auf einen Schlag das Prädikat «nachhaltig» erlangen und so «grün gewaschen» werden. Das zeigt eine Datenauswertung der unabhängigen NGO «Transport & Environment» (T&E )vom 17. Februar 2023.

Für Investoren als «nachhaltig» soll ein Flugzeug demnach bereits dann gelten, wenn es in Sachen Treibstoffeffizienz das Beste seiner Klasse ist. So definiert es der Kriterienentwurf, der 2022 von der «Platform on Sustainable Finance» empfohlen wurde. «Best in Class» ist eine Maschine, sobald sie effizienter ist als Flugzeuge der älteren Generation und bei ihrem Einsatz in der Flotte einer Fluggesellschaft eine ältere Maschine ersetzt. Das treffe für über 90 Prozent der hängigen Flugzeugbestellungen von Airbus zu, heisst es im Bericht von «Transport & Environment», auch wenn die neuen Flugzeuge immer noch fast ausschliesslich mit fossilen Brennstoffen betrieben würden und nur schwache Standards für die Kraftstoffeffizienz erfüllten.

Verkehrswachstum macht Effizienzsteigerung zunichte

Moderne, treibstoffeffizientere Flugzeuge emittieren wohl etwa 10 bis 20 Prozent weniger als ältere Modelle. Doch deren Einsatz hat die CO2-Belastung nicht gesenkt. Im Gegenteil: Die Emissionen des Flugsektors sind in den letzten Jahrzehnten exponentiell gestiegen, von 1990 bis 2017 um 129 Prozent. Dies trotz Verbesserungen der Treibstoffeffizienz neuer Flugzeuge um 18 Prozent im gleichen Zeitraum. Das liegt ganz einfach am starken Wachstum des globalen Flugzeug-Bestands und an der starken Zunahme des Flugverkehrs insgesamt.

Jo Dardenne, Aviation Director der NGO T&E, sagt: «Ein grünes Investitionsetikett auf Tausende von stark umweltverschmutzenden Flugzeugen zu kleben, ist ein Akt des reinen Greenwashing. Die Europäische Kommission muss ihren Kurs ändern. Es überrascht nicht, dass Airbus unermüdlich Lobbyarbeit leistet, um sicherzustellen, dass die Luftfahrt in den Investitionsvorschriften bleibt. Aber das wäre nur eine Nebelwand, die es ihnen ermöglicht, schmutzige Flugzeuge für die kommenden Jahre zu verkaufen. Stattdessen sollten sie ihre Anstrengungen und Investitionen auf emissionsfreie Flugzeuge konzentrieren, die wirklich umweltfreundlich sind.»

Die ganze Flugbranche könnte vom Greenwashing profitieren

Auch Fluggesellschaften werden von den EU-Investitionsvorschriften betroffen sein. Und wie es aussieht, werden sie davon profitieren. Derzeit gilt die Mehrheit der europäischen Airline-Flotten nicht als «Best in Class». Aber ihre zukünftigen Flugzeuge würden es tun. Ryanair, EasyJet und Wizz Air zum Beispiel planen ohnehin, ihre Flotten in den kommenden Jahren durch effizientere Flugzeuge der neuen Generation zu ersetzen. Diese könnten allesamt als «Best in Class» und damit als nachhaltig angesehen werden, soweit sie ältere Flugzeuge ersetzen. Und dies, obwohl auch die modernen Maschinen auf Jahre hinaus ausschliesslich mit fossilen Brennstoffen fliegen werden.

Die Fluggesellschaften werden so ihre Investitionen in zukünftige Flotten als «grün» deklarieren können. Dasselbe Label werden auch die Einnahmen aus Flügen mit diesen Maschinen tragen. In der Praxis bedeute dies, dass ein Flug von Paris nach New York an Bord eines etwas effizienteren Flugzeugs in den Augen der Kunden und der Anleger als «grün» angesehen werden dürfte, schreibt T&E. Wer dann «nachhaltige» oder «grüne» Fonds kauft, kauft damit auch Verkehrsflugzeuge.

Subventionen zuhauf für den «nachhaltigen» Flugverkehr

Pro Passagier- und Frachtkilomete tragen Personen- und Warentransporte in der Luft stärker zur Klimaerwärmung bei als der Strassenverkehr. Trotzdem ist kein Transportmittel dermassen hoch subventioniert wie der Flugverkehr:

• Kein Rappen Steuern auf dem Flugbenzin

• Keine Mehrwertsteuer auf den Flugtickets

• Milliardensubventionen für den Bau von Airbus- oder Boeing-Flugzeugen

• Airlines wie Al Italia und andere wurden mit Hunderten Millionen Euros Steuermitteln vor dem Konkurs bewahrt

• Zinsgünstige oder zinslose Darlehen an Flughäfen

• usw.

«Nachhaltig» belastet werden nur die Steuerzahler, die Lärmopfer und die künftigen Opfer der Klimaerwärmung.

Müsste der Flugverkehr für alle Kosten selber aufkommen, würden Produktionsstandorte von Gütern und Nahrungsmitteln nicht mehr im gleichen Ausmass in alle Welt verlagert. Die regionale Produktion würde nicht mehr unter einem massiv verzerrten Wettbewerb leiden. Pascal Derungs / 20. März 2023 https://www.infosperber.ch/umwelt/boden-raum-verkehr/eu-plant-greenwashing-sogar-im-luftverkehr/


Die Kantone stärken dem Bundesrat in der Europapolitik den Rücken – und akzeptieren die Rolle des EuGH

Die Kantonsregierungen wollen bei den Gesprächen mit der EU vorwärtsmachen. Bei der Zuwanderung bringt ihr Generalsekretär einen neuen Vorschlag ein. Der Bundesrat bewegt sich in der Europapolitik auf einem schmalen Grat. Er lotet mit der EU aus, ob Spielraum für neue Verhandlungen über die institutionellen Fragen besteht. Für beide Seiten stimmt die Balance trotz Fortschritten noch nicht. Was aussenpolitisch möglich ist, muss auch innenpolitisch tragfähig sein. EU-skeptische Gruppierungen warnen bereits vor einem Schnellschuss. «Wenn die Positionen zu weit auseinanderliegen, lässt man die Verhandlung besser eine Zeitlang ruhen», sagte Urs Wietlisbach von Kompass Europa der NZZ.

Nun erhält der Bundesrat von einem zentralen Akteur, den Kantonen, Rückendeckung. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hat an einer Plenarversammlung im Flughafen Zürich eine neue europapolitische Standortbestimmung verabschiedet. Alle Regierungen der Kantone haben sich hinter diese gestellt. «Wir unterstützen neue Verhandlungen mit der EU einstimmig», sagte der Präsident der KdK, der Aargauer Regierungsrat Markus Dieth. Die Schweiz und die EU brauchten stabile Beziehungen mit einer dauerhaften Grundlage. Dies bringe der Wirtschaft, der Bevölkerung und der Forschung Sicherheit.

Die Kantone legen sich zwar nicht auf einen Fahrplan fest. Sie fordern aber, dass die Beziehungen zur EU rasch geklärt werden. Jetzt sollte verhandelt werden, sagte Dieth. Es gelte über die Phase der explorativen Gespräche mit der EU hinauszukommen, sekundierte der jurassische Regierungsrat Jacques Gerber.

Ja zur dynamischen Rechtsübernahme

Inhaltlich knüpfen die Kantone an ihre letzte Stellungnahme zum gescheiterten Rahmenabkommen von 2019 an. Mangels einer Alternative, die auch für die EU akzeptabel sei, führe kein Weg an einer dynamischen Rechtsübernahme vorbei. «Wir sind bereit, dieser zuzustimmen, sofern sie nicht automatisch ist und auf sektorielle Marktzugangsabkommen beschränkt bleibt», sagte Dieth. Die dynamische Rechtsübernahme müsse aber vorbehältlich der Zustimmung des Bundesrats, des Parlaments und des Stimmvolks erfolgen.

Bei der Streitbeilegung positionieren sich die Kantone ebenfalls. Sie befürworten grundsätzlich einen vertraglich festgelegten Mechanismus, um Differenzen bei den Marktzugangsabkommen mit der EU zu regeln. Die Kantone akzeptieren eine Lösung, bei welcher der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Aufgabe hat, eine kohärente Auslegung von EU-Recht sicherzustellen. Dies gelte für Streitigkeiten, die EU-Recht beträfen, das die Schweiz übernommen habe. Für Skeptiker aus dem bürgerlichen und linken Lager ist dies der grösste Streitpunkt überhaupt.

Die Kantone willigen damit ein, dass der EuGH die alleinige Instanz für die Auslegung von EU-Recht ist. Sie lassen aber offen, wie das Modell der Streitbeilegung genau ausgestaltet werden soll. Die EU favorisiert jene Variante, die bereits im Rahmenabkommen enthalten war: Im Streitfall würde ein paritätisch besetztes Schiedsgericht entscheiden, das den EuGH beiziehen müsste, wenn es um EU-Recht ginge.

Eine supranationale Überwachung, wie die Schweiz die Abkommen mit der EU anwendet, lehnen die Kantone ab. Damit stellen sie sich auch gegen das Andocken an die Efta-Institutionen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), einer Variante, die in einer frühen Phase des Rahmenvertrags zur Diskussion stand. Bei der Überwachung der staatlichen Beihilfen halten die Kantone an einem eigenen Schweizer Verfahren fest. Von den Beihilferegeln dürften nur jene Bereiche betroffen sein, in denen es Marktzugangsabkommen gebe, sagte Dieth.

Schutzklausel gegen hohe Zuwanderung

Die gegenwärtig hohe Zuwanderung macht die Diskussion über eine dynamische Rechtsübernahme bei der Personenfreizügigkeit nicht einfacher – selbst wenn die EU der Schweiz in diesem Bereich einzelne Ausnahmen zugesteht. Der Generalsekretär der KdK, Roland Mayer, schlägt nun vor, in Verhandlungen mit der EU auch über die bestehende Schutzklausel im Freizügigkeitsabkommen zu sprechen. Diese könnte spezifiziert werden, sagte er am Rande der Pressekonferenz. Die Klausel sieht vor, dass die Schweiz bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen vorübergehend Abhilfemassnahmen ergreifen kann. Allerdings muss damit auch die EU einverstanden sein. Trotz der Stellungnahme der Kantone ist fraglich, ob Bern und Brüssel bald Verhandlungen aufnehmen. Die EU würde diese zwar gerne bis im Sommer 2024 abschliessen. Die Zeit sei aber noch nicht reif, um Verhandlungen aufzunehmen, sagte die Schweizer Chefunterhändlerin Livia Leu. NZZ, 24. März 2023.

s. auch Kurzinfo: https://edit.europa-magazin.ch/zone/.3bb69f36/0


Der Bundesrat will mit der EU verhandeln

Unerwartet klar spricht sich die Regierung für die Aufnahme neuer Verhandlungen mit der Europäischen Union aus. Sie beruft sich auf einen wichtigen Akteur und setzt die Sozialpartner unter Druck.

Mit dem Erwartungsmanagement in der Europapolitik ist es so eine Sache. Schon zigmal wurde ein Durchbruch erwartet, der dann ausgeblieben ist. Nun läuft es umgekehrt. Am Mittwoch hat der Bundesrat wieder einmal an einer mehrstündigen Klausur über die Beziehungskrise mit der wichtigsten Partnerin der Schweiz diskutiert. Die Erwartungen waren bescheiden, man rechnete mit neuen Durchhalteparolen.

Heraus kam es anders: Der Bundesrat hat das Departement von Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) beauftragt, bis Ende Juni 2023 die Eckwerte eines Verhandlungsmandats zu erarbeiten. Mit an Bord sind Elisabeth Baume-Schneider (SP), die für die Zuwanderung zuständig ist, sowie der Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP), der Lösungen für den heiss umkämpften Lohnschutz ausarbeiten muss.

Neues Vertragspaket 2024?

Allgemein war erwartet worden, dass der Bundesrat die nächste Runde der Sondierungsgespräche mit der EU am 20. April abwartet. Nun erhält die Chefunterhändlerin Livia Leu jedoch bereits den Auftrag, an diesem Tag die «gemeinsame Basis für zukünftige Verhandlungen zu finalisieren».

Damit hat der Bundesrat zwei Jahre nach dem Scheitern des Rahmenabkommens zwar noch nicht formell die Aufnahme neuer Verhandlungen beschlossen. Doch der Schritt in diese Richtung geht so weit, dass er kaum noch zurückkann. Das anvisierte Paket ist ambitioniert: Es soll die alten Streitfragen klären, Kooperationen in der Forschung und weiteren Bereichen sicherstellen sowie neue Abkommen zu Themen wie dem Strom umfassen. Dieses Grossprojekt will der Bundesrat nun offensichtlich mit der amtierenden EU-Kommission abschliessen, deren Amtszeit 2024 endet. Dazu müssten die Verhandlungen wohl noch dieses Jahr beginnen.

Woher nimmt der Bundesrat nach dem langen Zögern die plötzliche Zuversicht? Eine Rolle spielte offenkundig der Besuch im März 2023 von Maros Sefcovic, dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, der für die Schweiz zuständig ist. Nach einem Referat kam es zu einem Treffen mit Cassis. Im Gegensatz zur ersten Begegnung 2021 verlief es ohne Misstöne. Sefcovic beharrte zwar auf den Forderungen der EU, war aber gekommen, um zuzuhören. Er traf auch die Aussenpolitiker des Parlaments – und machte dabei Aussagen zur Streitbeilegung, die Hoffnungen weckten.

Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller fragte Sefcovic, welche Rolle das Bundesgericht habe. Dieser sagte, das Bundesgericht sei auf Schweizer Territorium zuständig und der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der EU. Damit deutete Sefcovic zumindest an, dass auch eine andere Lösung als im gescheiterten Rahmenvertrag denkbar wäre, solange der EuGH eine Rolle spielt, wenn es um EU-Recht geht.

Kantone haben den Weg geebnet

Vor allem aber haben die Kantone dem Bundesrat den Rücken gestärkt. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) stellte sich einstimmig hinter neue Verhandlungen (s. aber Kurzinfo https://edit.europa-magazin.ch/zone/.3bb69f36/0). Bei heiklen Punkten wie der Streitbeilegung ist sie zu Zugeständnissen bereit. Der Bundesrat verwies explizit auf diese Stellungnahme: Der Dialog mit den Kantonen habe es ermöglicht, für die Staatsbeihilfen und Zuwanderungsfragen Lösungsansätze zu definieren. Diese hätten zu einem gemeinsamen Verständnis mit der EU geführt und sollten nun weiter verfeinert werden.

Die Kantone sind bei den Beihilfen grundsätzlich bereit, in den Bereichen mit Marktzugangsabkommen die EU-Regeln zu übernehmen. Zudem verlangen sie, dass die Überwachung durch eine Schweizer Behörde erfolgt. Bei der Unionsbürgerrichtlinie, die Fragen wie das Aufenthaltsrecht regelt, haben die Kantone Ansätze eingebracht, etwa bei den Anmeldefristen. «Wir haben unsere Arbeit getan», sagt Roland Mayer, der Generalsekretär der KdK. Nun sollten alle Seiten Vorschläge machen.

Mayer tönt damit an, dass der Dialog zum Thema Lohnschutz bis anhin ergebnislos verlaufen ist. Der Bundesrat hat nun klare Aufträge verteilt: Das Wirtschaftsdepartement muss mit den Sozialpartnern und Kantonen Vorschläge erarbeiten. Die Rede ist von Massnahmen, die das gegenwärtige Schutzniveau auf dem Arbeitsmarkt «inländisch absichern». Denkbar wäre zum Beispiel, Gesamtarbeitsverträge einfacher allgemeinverbindlich zu erklären, was die Linke schon lange fordert.

«Brauchen den besten Lohnschutz»

Zentral ist die Rolle der Gewerkschaften, da die SVP jede institutionelle Lösung mit der EU ablehnt. Zum neusten Entscheid gibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) keine Wertung ab, pocht jedoch auf seinen Forderungen. «Der Lohnschutz und der Service public müssen gewährleistet sein, sonst können wir nicht zustimmen», sagt der SGB-Chefökonom Daniel Lampart. Pragmatische Anpassungen im Vollzug seien möglich. Hingegen wäre es gemäss Lampart mit «grossen Risiken» verbunden, den Lohnschutz einer wie auch immer gearteten Einflussmöglichkeit des EuGH zu unterstellen. «Die Schweiz braucht weiterhin den besten Lohnschutz in Europa, weil sie die höchsten Löhne hat und so offen ist wie wenige andere Länder.»

Bleibt die entscheidende Frage: Ist es angesichts der Sondierungen mit der EU realistisch, eine Lösung zu erzielen, die für die Gewerkschaften akzeptabel ist? Dies zu beurteilen, sei Aufgabe des Bundesrats, sagt Lampart. «Der Bundesrat kennt unsere Position und die der EU.» Fakt sei, dass die Arbeitnehmenden den bilateralen Weg nur unterstützten, wenn er ihnen nütze.

Mitte-Präsident warnt

Die Parteien reagieren unterschiedlich auf den Entscheid. Der SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann spricht von guten Nachrichten. Zum ersten Mal versuche der Bundesrat, den Lohnschutz mit eigenständigen Massnahmen abzusichern, die kompatibel seien mit EU-Recht. Für Nordmann sind die Probleme zwischen der Schweiz und der EU lösbar. Sefcovic habe bei seinem Besuch angedeutet, dass Brüssel beim Lohnschutz flexibler sei als angenommen. Dass die Verhandlungen ausgerechnet in ein Wahljahr fallen, störe ihn nicht. Die SP-Wählerschaft wolle ein Ergebnis. Ein Problem habe die Partei nur dann, wenn dieses Ergebnis schlecht sei. Nordmann rechnet indes nicht damit, dass das Abkommen noch vor den Wahlen Ende Oktober unter Dach und Fach sein wird. Der Mitte-Präsident Gerhard Pfister dagegen zeigt sich über den Entscheid überrascht. Es blieben viele Fragen offen. So sei nicht klar, wie die Regierung das Schweizer Lohnniveau sichern und die Sozialwerke schützen wolle, sagt Pfister. Das Bekenntnis zu sozialer Verantwortung sei nicht glaubwürdig, wenn der Bundesrat gleichzeitig bei der AHV sparen wolle. Ohne Konsens unter den Sozialpartnern hat ein Abkommen mit der EU laut Pfister keine Chance. Mit dem Vorpreschen setze sich der Bundesrat unnötig unter Druck. Im schlimmsten Fall werde er im zweiten Anlauf wieder scheitern.

Die FDP, die Partei von Aussenminister Cassis, äussert sich diplomatisch. Man begrüsse den Entscheid des Bundesrats, sagt der Fraktionspräsident Damien Cottier. Dies zeige, dass das Dossier in eine neue Phase komme. Bei Involvierten in der Verwaltung herrschte eine gewisse Genugtuung, dass der Bundesrat sich zu diesem Entscheid durchgerungen hat. Dieser scheint bereit zu sein, Risiken einzugehen – und dies mitten im Wahljahr. Das hatten ihm nicht viele zugetraut. NZZ, 30. März 2023, S. 9


Innenpolitischer Realismus im Verhältnis Schweiz - EU

Es wird oft behauptet, man könne im Verhältnis mit der EU nur durch die Unterstellung unter den EuGH Rechtssicherheit erlangen. Es ist schwer nachvollziehbar, wenn von Schweizer Seite die Forderungen der EU als im Interesse der Schweiz dargestellt werden. Eine Replik.

Christa Tobler beschäftigt sich unter dem Titel «Politisches Wunschdenken in der Beziehung Schweiz - EU» (NZZ 17. 3. 23) mit der Frage der Gerichte in bilateralen Abkommen und mit der Rechtssicherheit. Sie nimmt darin, ohne Ross und Reiter beim Namen zu nennen, zum Teil Bezug auf unser Narrativ «Fairer Bilateralismus», das in der NZZ (4. 3. 23) in den Grundzügen vorgestellt wurde.

Wahrscheinlich ist dort unsere Position in Sachen Europäischer Gerichtshof (EuGH) zu wenig klargeworden. Es ist zwar richtig, dass, wenn in Abkommen, die nach EU-Recht modelliert sind, Gerichte vorgesehen sind, der EuGH eine zentrale Rolle haben muss. Bis anhin ist jedoch in den bilateralen Abkommen der Schweiz die Streitbeilegung nicht «vergerichtlicht». Der EuGH spielt in den Abkommen keine Rolle. Soll das so bleiben, muss man also dafür sorgen, dass auch neue Abkommen ohne Gerichte auskommen. Unser Vorschlag behebt die Mängel des bestehenden Systems, ohne am Autonomiegrundsatz der EU zu rütteln.

Aushandeln eines Interessenausgleichs

Der Verzicht auf Gerichte wie den EuGH heisst nämlich nicht, dass man das gegenwärtige Streitbeilegungsverfahren nicht anderweitig verbessern könnte. Mit sogenannten Ausgleichsmassnahmen («Bussen») im Falle des Fehlverhaltens einer Partei wird verhindert, dass die andere Partei das Verfahren endlos in die Länge ziehen kann (wie derzeit möglich). Es braucht nur noch eine Institution, die bei Bedarf die Verhältnismässigkeit einer Busse – bezogen auf den von der Klägerin geltend gemachten Sachverhalt – prüft.

Ausgleichsmassnahmen gäbe es nur, wenn es der Diplomatie nicht gelänge, den Streit beizulegen. Dazu braucht es keine Gerichte. Diese schaffen zwar Klarheit, lassen aber kaum Spielraum für das Aushandeln eines Interessenausgleichs. Schon gar nicht braucht es ein Gericht, das einer Vertragspartei angehört und abschliessend das Sagen hat. Der Hinweis, solche Gerichte nützten vor allem der kleineren Partnerin, wirkt geradezu zynisch. Wer möchte zum Beispiel ein Freihandelsabkommen (FHA) mit den USA abschliessen, in dem im Fall von Streitigkeiten der amerikanische Supreme Court die Entscheidungen trifft? Der Vergleich hinkt nicht, denn im nicht weiterverfolgten InstA-Entwurf war die Unterstellung eines modernisierten FHA Schweiz - EU unter den EuGH beabsichtigt.

EU – Politik der Nadelstiche

Oft wird behauptet, man könne nur durch die Unterstellung unter den EuGH Rechtssicherheit erlangen. Dabei ist es derzeit eher so, dass Brüssel mit seiner Politik der Nadelstiche und Sanktionen zur Rechtsunsicherheit beiträgt. Daher ist es schwer nachvollziehbar, wenn von Schweizer Seite die Forderungen der EU als im Interesse der Schweiz dargestellt werden. Dies stimmte nur, wenn man das EU-Junktim (Akzeptieren der Forderungen – Rücknahme der Sanktionen) für gottgegeben hielte. Die Nadelstiche sind ja in keiner Weise gerechtfertigt, weil die Schweiz alle bilateralen Abkommen einhält.

Erst recht stossend, ja unwürdig ist das Junktim, wenn man bedenkt, wie pfleglich die EU mit echten Problempartnern (wie der Türkei) umgeht. Irritierend ist auch der Hinweis, der Status quo stehe im Verhältnis mit der EU nicht mehr im Angebot. Was in den Verträgen steht, ist nicht mehr im Angebot?

Natürlich muss die Schweiz auf Anliegen der mächtigen EU eingehen. Wenn aber die EU, wie ihr Vizepräsident sagt, einen raschen Verhandlungsabschluss anstrebt, müsste sie auch auf die Anliegen der Schweiz eingehen. Der Hinweis, die Schweiz dürfe nicht bessergestellt werden als die Mitglieder, ist überflüssig. Die Schweiz hat weder gleiche Rechte (keine Mitbestimmung, keine volle Teilhabe am Markt) noch gleiche Pflichten. Vernünftige Lösungen sind möglich, aber die Schweiz muss für sie kämpfen.

Anne Berner ist Leiterin des Projekts «Fairer Bilateralismus» und ehemalige Verkehrs- und Kommunikationsministerin Finnlands. Sie besitzt neben dem finnischen auch den Schweizer Pass. NZZ, 24. März 2023, S. 18


Der Schweizer Wohlstand beruht auf Freihandel und Souveränität

Beitreten oder nicht? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Schweiz nicht erst seit der Entstehung der Europäischen Union. Schon vor bald 200 Jahren rang die Eidgenossenschaft mit dieser Frage. Anlass war die Bildung des Deutschen Zollvereins im Jahr 1833, der die wirtschaftliche Integration der deutschen Staaten unter der Führung des mächtigen Preussens vorantrieb.

Für die Schweizer Exporteure war dies eine unangenehme Entwicklung. Der Handel mit Bayern und Baden-Württemberg wurde nun durch hohe Zölle erschwert. Es war naheliegend, sich einen Beitritt zu überlegen. Eine sechsköpfige Expertenkommission, der mehrere international tätige Unternehmen angehörten, kam in ihrem Bericht zu einem klaren Ergebnis: nicht beitreten.

Angst vor Vereinnahmung

Das Hauptargument war politischer Art: «Nach und nach durch die Macht der Umstände und bei dem engen Verband, welcher von jeher zwischen Staats- und Handelspolitik bestand, dürfte die Eidgenossenschaft so umgarnt werden, dass sie unvermerkt aus der Stellung eines freien und unabhängigen Staates in diejenige eines gehorchenden Aggregates der deutschen Zollunion herabsinken würde.» Und zur Beruhigung derjenigen, die sich vor den negativen Folgen eines Alleingangs fürchteten, verwies die Kommission auf die historische Krisenerfahrung: «So oft auch solche gewaltige Erschütterungen stattfanden, so blieben die Rückwirkungen auf die Schweiz verhältnismässig sehr gelinde, weil hier niemand durch die Zollgesetze in seiner freien Bewegung gehemmt war.»

Mit anderen Worten: Dank Freihandel konnte sich die Schweizer Wirtschaft immer relativ rasch an neue Umstände anpassen. Dieser Befund stimmt bis heute. Die Schweiz gehörte immer zu denjenigen Ländern, die sich für möglichst offene internationale Märkte einsetzte, und ist gut damit gefahren.

Natürlich folgte sie nie der reinen Lehre. Seit dem späten 19. Jahrhundert und erst recht seit den beiden Weltkriegen ist die Landwirtschaft selektiv von der ausländischen Konkurrenz abgeschirmt. Aber im Grundsatz hat sich seit dem Kommissionsbericht von 1833 nichts geändert. Die Schweiz floriert, weil sie alle Rohstoffe, Güter und Dienstleistungen, die sie benötigt, möglichst ungehindert importiert.

Diese freihändlerische Ausrichtung der Schweiz ist auch ein wichtiger Grund, warum sich das Land so schwertut mit einem Beitritt zur Europäischen Union. Das ideale Gefäss ist die Europäische Freihandelsassoziation (Efta), die sich für den Abbau von Handelsschranken einsetzt, ohne einen institutionellen Überbau zu erschaffen, der tief in die Souveränität der Mitglieder eingreift.

In Ostasien geht es ohne supranationale Institutionen

Es ist im Übrigen auch die Art von wirtschaftlicher Integration, die in Ostasien mit grossem Erfolg praktiziert wird. Die Einführung des zollfreien Aussenhandels und der gegenseitigen Anerkennung der Produktevorschriften hat zu einem enormen Wohlstandsgewinn geführt. Es braucht keine supranationalen Institutionen wie die EU, um eine Region zum Florieren zu bringen.

Vor diesem historischen Hintergrund erstaunt es auch nicht, dass eine neue Studie ein neues Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU vorschlägt. Den wirtschaftlichen Nutzen beziffert sie als hoch: Die Wertschöpfung würde um 1,5 Prozent zunehmen, die Realeinkommen um 2,4 Prozent.

Das Resultat ist glaubwürdig, weil gleich drei Forschungsinstitutionen aus unterschiedlichen Ländern beteiligt waren, nämlich das Kiel Institut für Weltwirtschaft, das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik in Luzern.

Als Vorbild für ein revidiertes Freihandelsabkommen dient das Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) von 2016. Das Ceta hat alle Zölle und Einfuhrabgaben gestrichen und eine deutliche Reduktion der nichttarifären Handelshemmnisse herbeigeführt. Bei der kanadischen Gesetzgebung in Kanada und beim Streitschlichtungsverfahren haben die EU und ihr Gerichtshof keine besondere Rolle.

All die umstrittenen Punkte, die zum Scheitern des Rahmenabkommens führten, figurieren also nicht im Ceta. Dass die EU heute zu einem revidierten Freihandelsabkommen bereit ist, gilt als unwahrscheinlich. Aber wie schon 1833 sollten wir in dieser Frage langfristig denken. Die Deutsche Zollunion praktizierte nur in ihrer Anfangszeit eine protektionistische Politik. Später senkte sie die Zölle, um von der Globalisierung zu profitieren.

Für die Schweiz zahlte sich das Festhalten an bewährten wirtschaftspolitischen Prinzipien aus. Im Umgang mit der EU gilt dasselbe. Was heute als alternativlos gilt, kann sich schon morgen als Auslaufmodell erweisen. Tobias Straumann ist Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Zürich. NZZ am Sonntag, 12. März 2023, S. 33


Viola Amherd rüttelt kräftig am Kollegialitätsprinzip

Viola Amherd rüttelt kräftig am Kollegialitätsprinzip, und keinen stört’s. Keinen? Während sich Bundesbern über Aussagen des Bundespräsidenten entrüstet, schert die Vizepräsidentin aus und kommt ungeschoren davon – ein Fallbeispiel politischer Aufmerksamkeitsökonomie.

Die Aufmerksamkeitsspanne in Bundesbern reicht immer nur für einen einzigen grossen Knall. Am Sonntag hat Alain Berset für einen gesorgt. In der «NZZ am Sonntag» hat er gesagt, dass ihn die heutigen Bestrebungen, die Ukraine mit Waffen und Munition zu unterstützen, an die Kriegseuphorie am Vorabend des Ersten Weltkriegs erinnerten. «Ich spüre auch heute diesen Kriegsrausch in gewissen Kreisen», sagte der Bundespräsident, ohne dabei die Adressaten genau zu nennen. Jedenfalls meinte er nicht den russischen Präsidenten Wladimir Putin, mit dem man irgendwann so oder so verhandeln müsse. Berset: «Je früher, desto besser.»

Köppel lobt Berset

Die empörten Reaktionen reichen von links bis rechts, vom SP-Co-Präsidenten Cédric Wermuth («Ich teile weder seine Analyse noch die Schlussfolgerungen») bis zum «Nebelspalter»-Chefredaktor Markus Somm («Hat er noch alle Tassen im Schrank?»). Öffentliche Rückendeckung gibt es bis jetzt lediglich von der SVP. «Ich muss an dieser Stelle unseren Bundespräsidenten Alain Berset, den ich in der Vergangenheit von diesem Pult aus ja auch schon kritisiert habe, ausdrücklich loben und in Schutz nehmen gegenüber diesen unqualifizierten Angriffen», sagte der «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel im Plenum des Nationalrats. Bei solchen «Skandalen» sind die leisen oder verstummten Stimmen genauso spannend wie die lauten; von den Grünen ist kaum etwas zu hören, von den Ständeräten der SP und der Mitte auch nicht. Die neuste Berset-Affäre ist nun im politisch-medialen Umlaufverfahren. Wer schweigt, scheint zuzustimmen oder hat ganz andere Sorgen, wie etwa Viola Amherd. Die Verteidigungsministerin hat zeitgleich zum «Kriegsrausch-Gate» kräftig am Kollegialitätsprinzip gerüttelt. Und kann froh sein, dass es im toten Winkel der Empörungskonzentrierung fast niemanden kümmert. Ausser David Zuberbühler: «Hätte sich einer von unseren Bundesräten so verhalten, wäre wieder die Hölle los», sagt der Ausserrhoder SVP-Nationalrat. Aber was ist passiert?

Zuberbühler hat in der Fragestunde des Nationalrats Amherd bezichtigt, das Kollegialprinzip verletzt zu haben. Dies, nachdem Amherd zuvor an der Delegiertenversammlung der Offiziersgesellschaft ihre Ernüchterung kundgetan hatte. Niemand von ihren Amtskollegen im Ausland erwarte, dass die Schweiz die Ukraine direkt mit Waffen beliefern würde. Aber niemand habe Verständnis dafür, «dass wir andere Länder daran hindern, die Ukraine mit dringend benötigten Waffen und Munition zu versorgen».

Amherds Problem: Genau das will der Bundesrat nicht, was er jüngst auch mehrfach deutlich gemacht hat. Und auch die Verteidigungsministerin selber liess noch im vergangenen Herbst Ignazio Cassis mit seiner «kooperativen Neutralität» ins Leere, wenn nicht gegen die Wand laufen. Das neue Konzept des Aussenministers hätte unter anderem vorgesehen, die Exportbestimmungen für Schweizer Kriegsmaterial zu lockern.

Seither hat der Druck aus dem Ausland stark zugenommen. Und auch Amherd stellt sich inzwischen ganz offensichtlich auf den Standpunkt, dass der Bundesrat mehr tun müsse, um die Ukraine auch militärisch zu unterstützen. Vor den Offizieren sagte sie: «Dass die Schweiz ihren neutralitätspolitischen Handlungsspielraum nicht nutzt – das wird nicht verstanden.»

Amherd windet sich

Von Zuberbühler auf ihre Positionierung angesprochen, sagte die Mitte-Bundesrätin, dass das, was sie gesagt habe, der Haltung entspreche, die der Bundesrat im Rahmen seiner Sitzung nochmals bekräftigt habe. Amherd, in diesem Jahr Vizepräsidentin der Regierung, wand sich im letzten Moment wieder zurück in die Kollegialbehörde. Zuberbühler musste sie ziehen lassen – auch wenn er die Antwort der Bundesrätin als «unbrauchbar» bezeichnet.

Weniger drastisch als Zuberbühler und die SVP bewertet man Amherds Auftritt auch in den anderen Departementen, aber die Schlussfolgerungen sind die gleichen. Nur will man hier keine erneute Kollegialitätsdebatte vom Zaun brechen. Weil die letzte, jene im Zuge der «Corona-Leaks» um die Verbindung von Bersets Innendepartement zum Ringier-Konzern, immer noch nachhallt. Und weil man sich in Bundesbern nicht gleichzeitig über zwei Knalle empören mag. NZZ, 15. März 2023, S. 9


Ein modernisiertes Handelsabkommen mit der EU?

Die EU-Frage kommt in der Schweiz nicht zur Ruhe. Wäre vielleicht ein modernes Handelsabkommen mit der EU eine Lösung? Das Institut für Wirtschaftspolitik hat dazu eine Studie erstellt, und die Diskussion ist um eine Variante reicher.

Kanada als Vorbild

Ein modernisiertes Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU könnte einen Weg aus der gegenwärtigen Blockade bieten, gibt sich das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern überzeugt. Dabei stützt sich das IWP auf eine Studie, die es gemeinsam mit dem österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und dem deutschen Institut für Weltwirtschaft (IfW) erstellt hat. Das umfassende Handelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) dient dabei als Vorbild. Hätte die Schweiz ein ähnliches Abkommen unter Beibehaltung der bisherigen bilateralen Abkommen , würde sich die Schweizer Wertschöpfung um 1,5 Prozent erhöhen. Die Realeinkommen erhöhten sich um 2,4 Prozent.

Unter einem umfassenden Handelsvertrag versteht man ein Abkommen, bei dem nicht nur Zölle und Abgaben, sondern auch in besonderem Mass nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden. Dass heisst, dass gehandelte Güter zolltechnisch weitgehend wie inländische Waren zu behandeln sind. Bürokratische Hürden werden dabei reduziert. Zudem wird der grenzüberschreitende Handel mit bestimmten Dienstleistungen und der Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtert. Die Schweiz hat bereits 1972 mit der EU ein Handelsabkommen abgeschlossen, dieses ist jedoch in die Jahre gekommen.

Christoph Schaltegger, der Direktor des IWP und Ökonomieprofessor an der Universität Luzern, will mit der Studie vor allem einen alternativen Weg für die EU-Politik aufzeigen. Auffällig ist, dass in dieser Variante ein modernisiertes Handelsabkommen nicht die bilateralen Abkommen ersetzen soll, sondern diese ergänzt. Damit bliebe auch die Personenfreizügigkeit erhalten, die für viele der Stein des Anstosses ist. «Man sollte sich zunächst darüber einigen, worüber man sich einigen kann. Und das ist eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit», sagt Schaltegger.

«Die Studie ist interessant und bereichernd. Ich fürchte, das Ei des Kolumbus zwischen wirtschaftlicher Integration und Schonung der Souveränität wurde aber nicht gefunden», resümiert Patrick Dümmler von der Propagandafabrik Avenir Suisse. Ein Argument gegen die Alternative dürfte sein, dass auch in diesem Fall die bilateralen Abkommen erodieren würden, weil diese für die EU ohne institutionellen Rahmen nicht mehr funktionieren.

Diesem Argument hält Schaltegger entgegen, dass es darum gehe, die Blockade zu überwinden und nach Auswegen zu suchen. Es müsse nichts neu ausgehandelt werden. Vielmehr könne auf bestehenden Elementen aufgebaut werden. Dafür benötigt es aber Wohlwollen von beiden Seiten bei den Verhandlungen. Der IWP-Direktor Schaltegger findet ausserdem den Einwand wenig stichhaltig, dass ein umfassendes Handelsabkommen am Widerstand der Bauernschaft scheitern könne, die ein grosser Hemmschuh für die Aussenhandelspolitik ist. Ein gewichtiger Teil der wirtschaftlichen Vorteile beruht auch auf offeneren Grenzen für Nahrungsmittel. Die Agrarbranche verliere aber nur wenig an Wertschöpfung, meinen die Studienautoren. Zudem könne man Ausnahmen aushandeln, wenn nötig. Drittens würden die allgemeinen Handelsgewinne die geringen Verluste in den Schatten stellen. NZZ, 1. März 2023. Die Studie findet man unter: https://www.iwp.swiss/freihandelsabkommen-schweiz-eu-wohlfahrtsgewinne-ohne-souveraenitaetsverlust/

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