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Kurzinfos Juni 08Niemand will der Spielverderber sein?
Wird jetzt Irland zum Stolperstein? Folgt die irische Bevölkerung dem Beispiel von Frankreich und den Niederlanden, wo 2005 jeweils eine Bevölkerungsmehrheit die damals geplante Verfassung für die EU ablehnte? Die Chance dazu hatten die IrInnen jedenfalls und sie haben sie genutzt. Sie haben den Vertrag von Lissabon, der der Europäischen Union (EU) eine neue Grundordnung geben sollte, abgelehnt. Vom Votum ausgerechnet dieser Bevölkerung, die sonst nicht für Fortschrittlichkeit bekannt ist, hängt es also ab, ob der undemokratische und militaristische Vertragsentwurf Gültigkeit erlangt. Dabei hätte die Dubliner Regierung wie alle anderen eine Volksabstimmung gern vermieden, aber das durfte sie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht.
Die meisten Parteien inklusive Labours und der Grünen plädierten für eine Annahme des Vertrags, doch an der Basis rumort es. Programmiererinnen und Kleinbauern, Gewerkschafterinnen und konservative Lokalpolitiker beschäftigen sich mit dem weitgehend unverständlichen Vertragswerk und verbreiten eine Aussage des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Der hatte kurz vor der Unterzeichnung des Lissaboner Vertrags durch die EU -Staatsund Regierungscheflnnen Mitte Dezember 2007 in kleinem Rahmen gesagt, dass Referenden gefährlich seien: Aufgrund der tiefen Kluft zwischen den Regierenden und der Bevölkerung gingen sie überall dort verloren, wo sie abgehalten würden.
Viele IrInnen stört das Vorgehen. Wie in Deutschland, wo die Regierung den gesamten Vertragstext erst kurz vor der Abstimmung im Bundestag veröffentlichte, haben auch die Dubliner Behörden den Entwurf anfangs nur auszugsweise publiziert. Und so dauerte es eine Weile, bis ExpertInnen herausfanden, dass die Vorlage zu 95 Prozent mit dem Verfassungsvorschlag übereinstimmt, der 2005 in Frankreich und den Niederlanden scheiterte. Dass die undemokratische Struktur (das EU-Parlament hat weiterhin kein Initiativrecht, die wesentlichen Entscheidungen trifft auch künftig allein der Ministerrat) beibehalten wird. Dass der Vertrag die EU Mitgliedstaaten zur Aufrüstung verpflichtet und aus dem künftigen Bundesstaat ein Militärbündnis machen will, das sich stark an die Nato anlehnt und überall intervenieren kann. Und dass die kapitalistische Marktwirtschaft als einzig denkbare Wirtschaftsform im neuen Grundlagenvertrag festgeschrieben wird. Gerade dies war bei den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden scharf kritisiert worden.
Geändert haben sich im Vergleich zum Vertragsentwurf vor drei Jahren lediglich drei Aspekte, Erstens: Das Vertragswerk heisst nicht mehr Verfassung. Zweitens: Die grossen Staaten Deutschland, Frankreich, Britannien und Italien bekommen noch mehr Macht und verfügen künftig über 53 Prozent der Stimmen im Ministerrat. Drittens: Die kleinen Staaten haben weniger zu sagen und die Bevölkerung gar nichts.
Die irischen Gewerkschaften waren gespalten. Der Dachverband war für den Vertrag, die Metallgewerkschaft TEEU und andere Beschäftigtenorganisationen lehnten ihn ab. Sie verweisen auf EU-Gerichtsentscheide, denen zufolge westeuropäische Unternehmen osteuropäische Beschäftigte zu osteuropäischen Löhnen anstellen dürfen und Streiks gegen diese Form der Ausbeutung nicht EU -konform sind, weil sie den freien Wettbewerb gefährden. BäuerInnen plädierten für ein Nein, weil sie um ihre Milchquote bangen und befürchteten, dass Brüssel bei internationalen Agrarverhandlungen auf ihre Interessen pfeift. Und Fischer rebellierten, weil die Flotten anderer EU-Staaten ihre Jagdgründe dann noch ungehemmter abräumen könnten.
«Die Iren haben lange gut von den EU-Subventionen gelebt», sagt der Gewerkschafter und Vertragsgegner Tommy McKearney, «da will keiner Spielverderber sein.» Die letzte Wirtschaftskrise ist schon zu lange her, als dass den IrInnen das Zerstörerische des Kapitalismus gegenwärtig wäre. Auch an die permanente Verletzung der irischen Neutralität (US-Militärflugzeuge benutzen regelmässig den Flughafen Shannon) hat sich die Bevölkerung gewöhnt. Und selbst der Hinweis auf die Geschichte verfängt nicht mehr so recht. Im 19. Jahrhundert sassen im Unterhaus der britischen Kolonialmacht in London hundert irische Abgeordnete. Sie hatten weitaus mehr zu sagen als die irischen PolitikerInnen in der EU heute. Und doch kam es zur Rebellion. Doch das ist lange her. Trotzdem haben die Iren den Vertrag abgelehnt. Fit Wuhrer, WoZ, Nr 23, 5. Juni 08
Neue EU-Pestizid-Verordnung: Obst und Gemüse bald giftiger! Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung 149/2008 am 1. September 2008 gelten EU-weit neue Pestizidhöchstwerte. Für Österreich heißt das: die Höchstwerte für Pestizide großteils angehoben - teilweise bis um das 1000-Fachen! GLOBAL 2000 gab eine Studie in Auftrag, die klären sollte, ob und in welchem Ausmaß die Richtlinie 149/2008 zu einem Anstieg der in Lebensmitteln erlaubten Pestizidmengen führt. Das Augenmerk wurde hierbei auf die zehn in Österreich meist verzehrten Obst- und Gemüse-Sorten gelegt. Die Ergebnisse sind alarmierend. Herabgesetzt werden die Höchstmengen nur bei 7 der 171 Pestizide; das entspricht 4%. Bei 16% der Wirkstoffe ändern sich die Höchstwerte nicht, bei weiteren 15% werden sie teils hinauf-, teils herabgesetzt und bei 66% der Wirkstoffe werden die zulässigen Höchstmengen angehoben. Das Ausmaß dieser Anhebung liegt zwischen dem 1,65-Fachen und dem 1000-Fachen.
Bei manchen Pestizidwirkstoffen wurden die Höchstwerte so sehr angehoben, dass die zulässige Höchstmenge des Pestizids und die Akute Referenzdosis (ARfD)- also jene Menge, ab der eine Gesundheitsgefährdung bei einmaligen Verzehr befürchtet werden muss - eng beieinander liegen. Zum Beispiel wird die erlaubte Menge des Pestizids Propamocarb in Birnen von 0,1 auf 10 mg/kg angehoben. Aber schon 11 mg/kg dieses Wirkstoffs bei Birnen können laut Berechnungsmodellen der EU-Gesundheitsbehörden für Kinder gesundheitsschädlich sein. Biochemiker Helmut Burtscher/GLOBAL 2000 redet Klartext: „Den Preis für diese EU-Harmonisierung der Pestizidhöchstmengen zahlen die KonsumentInnen: Was bisher aufgrund von Höchstwertüberschreitungen in Österreich nicht verkauft werden durfte, landet nach der EU-Anpassung ganz legal auf den Tellern der KonsumentInnen.“ http://www.global2000.at/pages/pestizide_eu.htm; Werkstatt-Rundbrief Nr. 17/2008, 4. Juni 2008, Werkstatt Frieden & Solidarität, Waltherstr. 15, 4020 Linz, Tel. 0732/771094, Fax 0732/797391, www.werkstatt.or.at
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EU-Energieliberalisierung Die EU-Energieminister haben Anfangs Juni 08 in Luxemburg eine Grundsatzeinigung über zentrale Punkte eines Gesetzgebungspakets zur Verschärfung des Wettbewerbs im Energiesektor erzielt. Dabei haben sie die von Deutschland; Frankreich und mindestens sechs weiteren Staaten geforderte Alternative zur Aufspaltung der vertikal integrierten Strom- und Gaskonzerne wie zum Beispiel der EdF akzeptiert. Bei dieser zentralen Streitfrage ging es um die grossen Übertragungsnetze (Höchstspannungsleitungen, Fern-Pipelines). Die EU-Kommission hatte bei Vorlage der Gesetzesvorschläge im September 2007 argumentiert, integrierte Konzerne hätten zu wenig An- reize, durch den Ausbau der Netze Kapazitäten für Konkurrenten zu schaffen und diesen fairen Zugang zu gewähren. Damit werde der Marktein- tritt neuer Anbieter erschwert, da Übertragungsnetze ein natürliches Monopol bildeten. Die Kommission und eine Mehrheit der Mitgliedstaaten, allen voran Grossbritannien und die Nieder- lande, sahen in einer vollständigen, auch eigentumsrechtlichen Trennung dieser Netze von den restlichen Geschäftsbereichen (Produktion/Vertrieb) die beste Option zur Ausräumung dieses Problems «ownership unbundling».
Das von Deutschland und Frankreich angeführte Lager hatte eine solche Aufspaltung der Konzerne stets abgelehnt. Es hätte eine ausreichende Sperrminorität auf die Waage gebracht, um das ganze Vorhaben zu blockieren. Um ihm entgegenzukommen, sieht der Kompromiss nun sowohl im Strom- als auch im Gassektor als Alternative auch das Modell eines unabhängigen Netzbetreibers (Independent Transmission Operator, ITO) vor. Danach behalten die Konzerne das Eigentum an den Netzen, doch soll eine Reihe strenger Auflagen deren Unabhängigkeit stärken. Die JTO-Lösung ist eine Weiterentwicklung des vom deutsch-französischen Lager geforderten «dritten Wegs», wobei die Auflagen auf Druck des britischen Lagers verschärft wurden.
So werden Entscheide über Investitionen in das Netz laut dem Kompromiss von der nationalen Regulierungsbehörde überprüft; diese kann Änderungen verlangen. Die Mehrheit des Managements des lTO darf drei Jahre vor und vier Jahre nach einer Tätigkeit in der Netz-Tochter nicht über Verantwortlichkeiten, Interessen oder Geschäftsbeziehungen mit dem integrierten Konzern verbunden sein. Im Aufsichtsrat des ITO allerdings darf die Konzernmutter eine knappe Mehrheit (die Hälfte der Mitglieder plus einen Vertreter) behalten; die übrigen Personen müssen unabhängig sein. Zwei Jahre nach Umsetzung der neuen Regeln soll die Kommission prüfen, ob diese Vorgaben ausreichen; gegebenenfalls soll sie Korrekturen vorschlagen.
Neben der eigentumsrechtlichen Entflechtung und dem ITO-Modell enthält der Kompromiss noch immer eine weitere Option; die von der Kommission ursprünglich als Kompromiss-Angebot an die Deutschen und ihre Alliierten gedacht war, diesen aber nicht ausreichte: Laut dieser behalten die Konzerne das Eigentum an den Netzen ebenfalls, aber sie müssten ihren Betrieb einem vollständig unabhängigen Systembetreiber (ISO) überlassen.
Die Wahl unter den drei Optionen soll den einzelnen Mitgliedstaaten obliegen. Im Falle des ITO-Ansatzes enthält bereits die geltende Gesetzgebung einige Vorgaben zur Ausgliederung der Netze in separate Töchter. Zum anderen aber ist die im ITO-Modell vorgesehene strengere Trennung nur zum Preis detaillierter regulierender Eingriffe und damit von viel Bürokratie zu haben.
Das Gesetzgebungsverfahren ist mit der Verständigung vom Juni nicht abgeschlossen. Zum einen sind andere Teile des Pakets unter den Mitgliedstaaten noch umstritten; so haben die deutsche und die österreichische Delegation Vorbehalte zur Rolle und zu den Kompetenzen der künftigen europäischen Regulierungsbehörde für grenzüberschreitende Fragen erhoben. In der Netz-Frage allerdings haben die EU-Staaten derart zäh gerungen, dass ein grundsätzliches Aufbrechen des jetzigen Kompromisses nur noch schwer denkbar ist. NZZ, 7./8. Juni 08, S. 23
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EU-Scheidungsrecht Von den 785 000 Ehen, die laut dem zuständigen EU-Kommissar Barrot jedes Jahr in der EU geschieden werden, betreffen rund 160 000 oder ein Fünftel Paare mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit. Bei einer Scheidung stellt sich darum immer häufiger die Frage, welches Gericht zuständig sein und auf welche Rechtsordnung es sich abstützen soll. Maria und Sepp in Luxemburg als Beispiel: Maria aus Spanien heiratet Sepp aus Osterreich, und sie ziehen nach Luxemburg. Nach ein paar Jahren entschliessen sie sich zur Scheidung. Doch nach welchem Recht, dem österreichischen, dem spanischen oder dem luxemburgischen? Das ist nicht geregelt.
Seit einigen Jahren versuchen die EU-Justizminister, die Rechtslage so weit zu klären, dass beide Ehegatten von vornherein wissen, nach welcher Rechtsordnung sie geschieden werden können oder müssen. Im Vordergrund stand ein etwas begrenztes Wahlrecht der Ehegatten für den Fall, dass sie sich einigen können. Danach sollte eine «Kaskade» sogenannter Anknüpfungspunkte die Kriterien für die weiteren Entscheidungen bilden. Als Erstes wäre die Rechtsordnung jenes Staats berücksichtigt worden, in dem die Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz hatten. Wäre das nicht (mehr) der Fall, könnte der letzte gemeinsame Wohnsitz als Kriterium herangezogen werden oder die gemeinsame Staatsangehörigkeit. Gelangt keines dieser Kriterien zur Anwendung, so hätte am Schluss der Grundsatz gegolten, dass das Recht jenes Staats die Grundlage bildet, in dem das Gericht angerufen wurde und sich für zu ständig erklärte. Die Minister mussten sich jedoch eingestehen, dass ein Kompromiss im Konsensverfahren nicht möglich war. Das Vorhaben scheiterte zuletzt an Schweden, dessen äusserst liberale Rechtsordnung eine Scheidung innerhalb eines halben Jahres garantiert. Die schwedische Regierung wollte es nicht zulassen, dass ihre Staatsbürger allenfalls auf der Basis von weniger liberalen Rechtsordnungen geschieden werden könnten.
Für grosse, wenn auch nur vorübergehende Aufregung hatte bereits früher die Entdeckung der Tatsache gesorgt, dass Malta gar kein Scheidungsrecht kennt. Diesem Problem - wenn etwa Sepp und Maria sich auf Malta hätten scheiden lassen wollen - wäre man mit der zuletzt diskutierten «Kaskade von Anknüpfungspunkten» gerecht geworden! Auch der Sorge der maltesischen Regierung, die Insulaner könnten sich künftig in Scharen in Italien scheiden lassen, war Rechnung getragen, da ein Kurzaufenthalt nicht als zulässiger Anknüpfungspunkt gegolten hätte. Darum blieb nur Schweden, aber: Schweden blieb hart.
Die Minister einigten sich lediglich darauf, nun auf der Ebene von diplomatischen Arbeitsgruppen nach einem Ausweg aus der Sackgasse zu suchen. Anbieten würde sich das Instrument der «verstärkten Zusammenarbeit».. Dieses sieht vor, dass mindestens acht Mitgliedstaaten auf einem Gebiet weiterschreiten können, auch wenn andere nicht mitmachen. Deutschland steht dieser Idee laut Justizministerin Zypries aber darum skeptisch gegenüber, weil es längerfristig das Risiko birgt, dass ein unübersichtlicher Flickenteppich an Teil-Übereinkommen geschaffen.
Mehr Erfolg erzielten die Minister in Luxemburg bei der Frage der grenzüberschreitenden Vollstreckung von Unterhaltspflichten. Die bisherigen, zeitraubenden Formalitäten (Exequatur) werden durch neue, weit weniger bürokratische Prozeduren ersetzt, die. eine schnellere Zwangsvollstreckung erlauben werden. Ebenfalls geeinigt haben sich die Minister auf die Anerkennung von Abwesenheitsurteilen, die von Gerichten in anderen EU-Mitgliedstaaten gefällt wurden. Dabei wird Verurteilten aber weitgehender Rechtsschutz gewährt; insbesondere haben sie das Recht auf eine Neuverhandlung, wenn sie sich der Justiz stellen. NZZ, 7./8. Juni 08, S. 3
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Frankreichs Respekt vor Irlands Nein – Ratifizierung muss weitergehen Kurz vor Übernahme des Vorsitzes im Europäischen Rat durch Frankreich auf den 1. Juli 08 hin hat Premierminister Fillon am Mittwoch eine Regierungserklärung zu den Zielen der französischen Europapolitik abgegeben. Aus der Verwerfung in einer Volksabstimmung leitete der Regierungschef die Pflicht ab, «Europas gefährlich schwach brennende Flamme» neu zu entzünden. Es gelte, Europa anders zu gestalten, da die EU schlecht verstanden werde und es nicht vermocht habe, mit ihren Worten und ihren Taten zu überzeugen. In seiner Regierungserklärung versicherte Fillon, dass Frankreich das irische Nein respektieren wolle. Vorderhand müsse die Ratifizierung des EU-Vertrages weitergehen, wie sie bereits durch achtzehn Mitgliedstaaten vollzogen worden sei. Zu gegebener Zeit habe dann eine Antwort auf die Frage gefunden zu werden, wie man die unerlässliche Ratifikation durch alle EU-Staaten erlangen könne, erklärte der Premierminister. Eine Neuverhandlung des Vertrages von Lissabon fasst Paris nicht ins Auge, da dadurch der ganze Ratifikationsprozess wieder von vorne zu beginnen hätte. Vielmehr lässt man sich von der Hoffnung auf eine nochmalige Volksabstimmung in Irland leiten, wie sie schon zweimal auf der Grünen Insel zu der dann erfolgreichen Korrektur eines vorangegangenen negativen EU-Votums abgehalten worden war. NZZ, 19. Juni 2008.
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Klage gegen Neapel Der Müllskandal in Italien geht in die nächste Runde. Nachdem die EU-Kommission im letzten Jahr ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet hatte, auf das Italien nur unzureichend reagierte, klagt sie nun vor dem Europäischen Gerichtshof. Die ergriffenen Maßnahmen zur Lösung des Problems seien »mangelhaft" und stellten eine Gefahr für die Gesundheit der Bürgerinnen von Neapel und der Region Kampanien dar. Die Müllprobleme führt die EU-Kommission auf die seit über einem Jahrzehnt andauernde unzureichende Umsetzung der EU-Abfallgesetze zurück. Den Behörden sei es nicht gelungen, „einen klaren Zeitplan für Fertigstellung und Inbetriebnahme der Sortieranlagen, Abfalldeponien, Müllverbrennungsanlagen und anderer Einrichtungen zur Behebung der Müllprobleme in der Region vorzulegen“, so die Kommission.
Die Abfallentsorgung ist ein lukratives Geschäft, das vor Ort größtenteils von der lokalen Mafia kontrolliert wird. Nachdem Neapel im letzten Sommer schlechte Presse bekam, zog der Müllskandal internationale Kreise. Die Abfallberge in den Straßen wurden teilweise bis nach Sachsen verfrachtet. Dies führte wiederum in Sachsen zu einem Skandal, weil der Abfall aus Italien in der dortigen Müllverbrennungsanlage nicht ordnungsgemäß gelagert und entsorgt wurde. Die Deutsche Umwelthilfe hatte diese Missstände an die Öffentlichkeit gebracht (umwelt aktuell 03.08, S. 4).
Die EU-Kommission verklagt gleichzeitig Österreich, weil das Land Lkw-Transporte von Müll und Bauschutt auf der stark verkehrsbelasteten Inntalautobahn A1Z verbieten will. Dies gefährde den freien Handel. Umweltverbände protestieren seit Jahren gegen den zunehmenden „Mülltourismus“ quer durch Europa. EU-Kommission, www.europa.eu/rapid/ (Reference IP/O8/70S und IP/O8/697; DNR-Informationen für Europa und Deutschland, Juni 2008, S. 8.
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ArbeitnehmerInnen sind die großen Verlierer des EU-Beitritts Die "guernica" (Zeitung der Werkstatt Frieden & Solidarität) hat die Entwicklung der Löhne und Gehälter in Österreich seit den 80er Jahren unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist eindeutig: während in den 12 Jahren vor dem EU-Beitritt der Löhne und Gehälter noch einigermaßen mit dem Wachstum der Wirtschaft Schritt halten konnten, ist es damit seit dem EU-Beitritt schlagartig vorbei. Die ArbeitnehmerInnen werden vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt. Die Reallöhne gehen zurück bzw. stagnieren, während die Gewinne davon galoppieren.
Vergleicht man die 12 Jahre vor dem EU-Beitritt (1982 – 1994) mit den 12 Jahren danach (1994 – 2006), so zeigt sich zunächst, dass sich das reale BIP-Wachstum nach dem Beitritt abgeschwächt hat (um immerhin 4,5%). Viel entscheidender jedoch ist die dramatisch veränderte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die seit Mitte der 90er Jahre stattgefunden hat. Als besonders aufschlussreich erweist sich die Gegenüberstellung der Nettorealeinkommen pro Arbeitnehmer – also das, was effektiv im Geldbörsel bleibt - mit dem realen Bruttoinlandsprodukt/Einwohner (sh. Grafik einzufügen). Von 1982 bis 1994 wurden die Arbeitnehmer noch einigermaßen – wenn auch nicht mehr vollständig - am Wachstum der Güter und Dienstleistungen beteiligt. In diesen 12 Jahren stieg das BIP/Kopf um rd. 26%, die Nettorealeinkommen/ArbeitnehmerIn um 20,4%. Mit dem EU-Beitritt ändert sich das Bild geradezu schlagartig. Während das BIP/Kopf nach wie vor stetig ansteigt, erleben die ArbeitnehmerInnen in 10 von 12 Jahren Reallohnverluste gegenüber 1994. 2007 liegt das Nettorealeinkommen gerade einmal um 0,7% über dem Jahr 1994, während das BIP bereits um über 20,4% gegenüber dem Vergleichsjahr von 1994 angestiegen ist.
Untere Lohngruppen stürzen ab. Dabei verhüllen die durchschnittlichen Einkommen der ArbeitnehmerInnen, dass auch innerhalb der unselbständig Erwerbstätigen die Schere immer weiter auseinandergeht. Vor allem für die unteren Einkommensgruppen hat sich die Lage geradezu dramatisch verschlechtert. So ist das 1. Quartil der Arbeitnehmer-Einkommen (d.h. ein Viertel verdient weniger, drei Viertel verdienen mehr) netto real seit 1997 um 11,5% zurückgegangen, bei den ArbeiterInnen gar um 22,5%. Das heißt freilich nicht, dass die Stundenlöhne um diesen Betrag gekürzt wurden, in diesen Daten kommt vor allem zum Ausdruck, dass die Zahl der geringfügig und prekär Beschäftigten massiv angestiegen ist.
Doch auch durch diese inflationsbereinigten Zahlen wird die Entwicklung der wirklichen Kaufkraftentwicklung noch beschönigt. Denn die Realeinkommen ermitteln sich aus einer durchschnittlichen Inflationsrate, wo Lebensnotwendiges und Luxuskonsum zusammenfließen. Eine detaillierte Untersuchung der Preissteigerungen ergibt, dass die Ausgabengruppe „Wohnen – Energie – Wasser“ fast doppelt so schnell gestiegen ist wie die durchschnittliche Inflation. Und gerade diese Ausgaben schlagen im Warenkorb von Niedrigverdienern überproportional zu Buche, während sie vom Preisverfall bei Fernreisen und Elektrogeräten wenig bis gar nicht profitieren.
Großkonzerne profitieren. Wenn das BIP pro Einwohner deutlich steigt, aber die Arbeitnehmereinkommen stagnieren oder sogar sinken, muss wer anderer kräftig profitieren. Die seit dem EU-Beitritt um rd. 6% steigende „Gewinnquote“ (d.h. Anteil der Betriebsüberschüsse und Selbständigen-Einkommen am Volkseinkommen) bringt diese Entwicklung nur unzureichend zum Ausdruck, denn innerhalb der selbständig Erwerbstätigen geht die Schere zwischen oben und unten kräftig auseinander. Bei den Selbständigen verdient das oberste Einkommensviertel fünf Mal so viel wie das unterste (bei den Unselbständigen beträgt dieser Unterschied „nur“ das Zweieinhalb-fache). Exorbitant angewachsen sind die Gewinne der großen Konzerne. Zwischen 2002 und 2006 sind die Gewinne (nach Steuer) der 30 größten börsenotierten österreichischen Konzerne um 380%, deren Dividendenausschüttungen um 220%, die Managergehälter um 120% gestiegen. Der Personalaufwand je Mitarbeiter ist dagegen um 1% gesunken. Werkstatt-Rundbrief Nr. 17/2008, 4. Juni 2008, Werkstatt Frieden & Solidarität, Waltherstr. 15, 4020 Linz, Tel. 0732/771094, Fax 0732/797391, www.werkstatt.or.at
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EU-Gerichtshof - Streikverbot für Streiks gegen Lohndumping Ende Dezember 2007 hat der EuGH zwei spektakuläre Urteile gefällt, welche die Sozialsysteme der EU erschüttern könnten. Anhand zweier Arbeitskonflikte in Schweden und Finnland kamen die obersten EU-Richter zu folgenden Urteilen: Erstens: Unternehmen, die einen Firmensitz in einem Billiglohnland der EU haben, dürfen in allen anderen EU-Staaten Beschäftigte unter Kollektivvertrag zahlen (in Schweden zahlte eine estnische Firma 50% unter KV!). Zweitens: Gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen gegen diese Art des Lohndumpings sind unzulässig. Begründung: Sicherung des "freien EU-Binnenmarktes", wie er durch die EU-Verträge vorgegeben ist. Ein prominenter Arbeitsrechtler hat bereits darauf hingewiesen, dass auf Grundlage dieses Urteils in Hinkunft auch Streiks, die den "freien Warenverkehr" beeinträchtigen (z.B. Eisenbahnerstreiks) per EU-Recht niedergeschlagen werden könnten. Diese EuGH-Urteile stellen daher einen Dammbruch dar, grundlegende Errungenschaften der ArbeitnehmerInnen wie Kollektivverträge und das Streikrecht drohen unter dem Hammer des EU-Binnenmarktes zu zerbrechen. Werkstatt-Rundbrief Nr. 17/2008, 4. Juni 2008
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Vorlage für EU-Arbeitszeitrichtlinie: Auf dem Weg zur 65-Stundenwoche! Die von den EU-Arbeits- und Sozialministern vorgelegte EU-Arbeitszeitrichtlinie weist sozialpolitisch ins 19. Jahrhundert zurück:
- die Wochenarbeitszeit soll 60 Stunden betragen können (im Fall von Tarifregelungen sogar darüber), im Fall von Bereitschaftsdiensten darf die Wochenarbeitszeit 65 Stunden dauern.
- Der Durchrechnungszeitraum wird auf 12 Monate ausgedehnt, sodass der Flexibilisierung und überlangen Tages- und Wochenarbeitszeiten Tür und Tor geöffnet werden.
- Das sog. „opt-out“ für die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden soll beibehalten werden. D.h. die Arbeitgeber können Druck auf den/die einzelnen Arbeitnehmer/in ausüben, einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit über 48 Stunden einzelvertraglich zuzustimmen.
- Der inaktive Teil der Arbeitsbereitschaft soll nicht mehr als Arbeitszeit gelten. Damit wird „auf EU-Ebene eine Tür geöffnet, dass Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend sein müssen, ohne dass es als Arbeitszeit zählt“, kritisiert dazu der stv. Direktor der Österreichischen Ärztekammer, Lukas Stärker.
Arbeitszeit immer länger.
Für die Werkstatt Frieden & Solidarität zeigt die EU-Arbeitszeitrichtlinie einmal mehr, dass die EU-Ebene den Regierungschefs und Konzernen als Instrument dient, um soziale Errungenschaften auf nationalstaatlicher Ebene auszuhebeln. Die ArbeitnehmerInnen und sozial schwache Gruppen sind die großen VerliererInnen des EU-Beitritts. Seit dem EU-Beitritt ist in Österreich nicht nur die Lohnquote (Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen) um über 6% gesunken, auch die reale Arbeitszeit hat sich seither deutlich erhöht. Die reale durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Vollzeiterwerbstätigen stieg von 41,3 Stunden (1995) auf 44,1 Stunden (2006). Alleine im Zeitraum 2004 bis 2007 stieg die Zahl der regelmäßig Überstunden leistenden ÖsterreicherInnen um 26,8% auf 822.000 Menschen. Das gesamte Überstundenvolumen entspricht einem Arbeitskräftepotential von 190.000 Vollzeit-Arbeitskräften.
Burn-Out und steigendes Unfallrisiko.
Die überlangen Arbeitszeiten (sowie langen Durchrechnungszeiträume) führen zu Lohnverlusten, da sich die UnternehmerInnen die Überstundenzuschläge ersparen. Sie führen aber auch zu Burn-Out und steigender Unfallgefahr: „Das Unfallrisiko steigt exponenziell mit längeren Arbeitsschichten“, urteilt Univ.-Prof. Dr. Hugo W. Rüdiger (Klinische Abteilung Arbeitsmedizin). Außerdem sind „alle Grenzwerte auf den Acht-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche ausgerichtet.“ (Medical Tribune 21/07).
Dass ÖGB-Präsident Hundsdorfer diese EU-Arbeitszeitrichtlinie kritisiert, ist ebenso erfreulich wie unernst. Gerade im Vorjahr hat die ÖGB-Führung gemeinsam mit der Wirtschaftskammer für die Regierung ein Arbeitszeitpaket geschnürt, das in dieselbe Richtung wie die EU-Arbeitszeitrichtlinie geht: unter anderem wird dadurch die 60-Stundenwoche und ein 12-Stunden-Arbeitstag während der Hälfte des Jahres ermöglicht. Die derzeit in allen EU-Ländern laufende Verlängerung und Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie die Aushöhlung von Kollektivverträgen und sozialrechtlichen Standards gehen auf die sog. Lissabon-Strategie zurück, auf die sich die EU-Staatschefs im Jahr 2000 geeinigt haben. Durch Liberalisierung und Deregulierung der Arbeitsverhältnisse soll damit die EU zum „wettbewerbsstärksten Raum der Welt“ werden. Werkstatt-Rundbrief Nr. 18/2008, Juni 2008
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CH-Gewerkschaften und Personenfreizügigkeit Zum dritten Mal haben die Gewerkschaften vor einem Entscheid über die Personenfreizügigkeit mit der EU die Forderung nach Absicherung der Löhne und Arbeitsbedingungen eingebracht. Nach der Einführung der flankierenden Massnahmen beim Abschluss der bilateralen Abkommen und nach der Verschärfung anlässlich der Ausdehnung auf die zehn neuen EU-Mitglieder von 2004 ging es mit Blick auf den Einbezug von Rumänien und Bulgarien speziell um die praktische Durchsetzung. Erreicht wurde namentlich die Aufstockung des Personals für die Kontrollen, die grundsätzlich in allen Betrieben, besonders aber im Fall grenzüberschreitender Arbeitseinsätze erfolgen.
Der Dachverband an der Delegiertenversammlung Mitte Juni 08 in Bern beschränkte sich auf den einstimmig gefällten Beschluss, kein Referendum zu ergreifen oder zu unterstützen. Die eigentliche Parole soll erst kurz vor der zu erwartenden Volksabstimmung festgelegt werden. Bis dahin haben der Vorstand und das Sekretariat «alles zu tun, um die noch pendenten Probleme zu lösen».
Wie Damel Lampart, Chefökonom; ausführte, sind schon etliche Fragen im Sinn des SGB gelöst. In den letzten anderthalb Jahren wurden 30 000 Lohnkontrollen durchgeführt, 5000 Verstösse festgestellt und die Verantwortlichen gebüsst oder mit einer Sperre belegt. Das Bussenmaximum wurde von 5000 auf 10 000 Franken erhöht, ertappte Scheinselbständige müssen den Arbeitseinsatz sofort abbrechen. Die Einigung auf einen neuen Landesmantelvertrag in der Bauwirtschaft hat ein grosses Loch in der Flanke geschlossen.
Noch offen ist die Erfüllung weiterer gewerkschaftlicher Forderungen. Für die Festlegung von Mindestlöhnen für Haushalthilfen einschliesslich Reinigung laufen Abklärungen; ein Entscheid soll in der zweiten Jahreshälfte fallen. Ein Gesamtarbeitsvertrag für Temporärarbeit (bisher gab es nur eine Regelung für den Bau) ist ausgehandelt, aber noch nicht ratifiziert und allgemeinverbindlich erklärt. Wichtig sind für den SGB ausserdem ein Gesamtarbeitsvertrag für den Bereich der Post und generell die vertragliche Erhöhung der Mindestlöhne.
Es zeigte sich, dass die Stimmung besonders in Grenzkantonen wie dem Tessin und Genf heikel ist. Zudem wurde der Bundesrat aufgefordert, trotz Reklamationen aus Österreich und Deutschland an der achttägigen Frist für die Anmeldung grenzüberschreitender Dienstleistungen festzuhalten. Eine neue Gefahr sieht der Gewerkschaftsbund in der Revision des Gesetzes über das Beschaffungswesen. Nach dem Vernehmlassungsentwurf muss ein Anbieter zwar weiterhin bestimmte Arbeitsbedingungen einhalten. Massgebend sollen allerdings nur noch staatliche Regelungen sein, also allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge. Andere Vereinbarungen oder die üblichen Arbeitsbedingungen «können» ein Kriterium sein. Zudem gelten für ausländische Anbieter wie bisher die Bedingungen am Ort, wo die Leistung erbracht wird, für inländische hingegen jene am Ort ihres Sitzes. Darin sieht der SGB eine Ritzung eines Prinzips für den Schutz einheimischer Arbeitnehmer und einen Ansatzpunkt für die EU, Gleichbehandlung zu verlangen. In einer Resolution wurde die Gesetzesänderung als inakzeptabel bezeichnet; sie würde eine Nivellierung nach unten bringen. NZZ, 17. Juni 08, S. 13
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Frankreichs Warnung an die Iren Der französische Aussenminister Bernard Kouchner warnte Irland bezüglich der Konsequenzen eines Neins zum Lissaboner Vertrag (Radio-Sendung von RTL France), Irland würde das erste Opfer einer Ablehnung sein. Kouchner meinte, ein Nein würde im übrigen “Europa” einem “gigantischen Unverständnis” begegnen. Kouchner warf den Iren für diesen Fall vor, sie würden sich undankbar verhalten, angesichts des Nutzens, den sie aus der EU-Mitgliedschaft gezogen hätten. Kouchner betonte, dass Frankreich, das in den nächsten 6 Monaten die EU-Präsidentschaft innehat, so oder so fortfahren werde, den Vertrag umzusetzen. EU-Observer, 10. Juni, 2008
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Sozialdemokrat Klaus Hänsch und die Demokratie In einer Sendung des Echos der Zeit des Schweizer Radios vom 13. Juni 08 sagte Klaus Hänsch, sozialdemokratischer deutscher Ex-EU-Parlamentspräsident, die Abstimmung der Iren hätten nichts mit Demokratie zu tun. Demokratie würde darin bestehen, dass die Iren über den Verbleib in der EU entscheiden können, nicht jedoch über die Weiterentwicklung der Verträge. Er warf den Vertragsgegnern vor, mit Lügen gearbeitet zu haben.
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Fairness im Lissabonner-Abstimmungskampf? Rolle der Regierung: Alle Mitglieder für Ja. Außenministerium wirbt mit Steuergeldern auf Website für Vertrag. Große Regierungskampagne erst nach Brian Cowens Regierungsantritt am 7. Mai. Regierungschef schloss mit der Führung des Bauernverbandes ein Geheimabkommen um sich die Zustimmung des Verbands zu sichern; die Abmachung scheint unhaltbare Versprechen zu beinhalten. Rolle der EU und ihrer Repräsentanten: Die EU-Kommission unterstützt die Pro-Vertragskampagne mit "Information", es ist nicht transparent wieviel EU-Gelder zur Unterstützung der Ja-Kampagne verwendet wurden. Die EU vertagte alle Entscheidungen, die bei den Iren unpopulär sein könnten (z.B. Verteidigung, Steuern, Agrarsektor). Besuche durch hochrangige EU-Vertreter (Barroso, Pöttering, Wallström). EU-Vertreter drohten den Iren mit Konsequenzen im Falle eines Neins. Juni 08, www.mehr-demokratie.de (Auszug aus dem Referendum-Report Irland, Juni 08, für mehr Details s. angegebene Home-Page).
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Wer war in Irland informiert? Von den EU-Befürwortern wird den Gegner von weiteren „Integrationsschritten“ gerne vorgeworfen, sie seien nicht informiert und würden nur gefühlsmässig „argumentieren“. Dies ist natürlich völlig unzutreffend. Wenn jemand informiert ist, sind es jeweils die Gegner, während sich die EU-Befürworter gewöhnlich mit schönen Gefühlen begnügen. Dies hat sich im Falle Irlands wieder bestätigt: Sowohl Regierungschef Brian Cowen als auch EU-Kommissar Charlie McCreevy gaben zu, den Vertrag nicht gelesen zu haben. McCreevy meinte sogar, das "kein vernünftiger Mensch" sich die Mühe machen würde, den komplizierten Text von Anfang bis Ende zu lesen. Selbst die Referendumskommission kam ins Stolpern. Deren Leiter Richter Larfhlaith O'Neill tat sich sehr schwer, als er im Fernsehen live Vertragsinhalte erläutern sollte; er konnte Detailfragen nicht vollständig beantworten. Die Referendumskommission ist ein neutrales Gremium, eingesetzt um die Wähler zum Abstimmen zu motivieren und den Vertrag zu erklären. 15. Juni 08, http://www.mehr-demokratie.de/irland-nach-dem-nein.html
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Stimmbeteilung bei der Lissabonner Vertragsabstimmung in Irland Die Befürworter des Lissabonner-Vertrages verbreiten die Meinung, eine tiefe Stimmbeteilung würde den EU-Skeptikern in die Hände arbeiten. Dies wird jeweils ohne statistisches Material aus Irland behauptet – es würde denn auch allen bisherigen Kenntnissen zum Stimmverhalten widersprechen. In der Tat sind die Mittelschichten tendentiell EU-freundlichen eingestellt und es sind diese Schichten, die überproportional an Abstimmungen und Wahlen teilnehmen. Eine hohe Stimmbeteilung erhöht deshalb die Chancen eines Neins, da diese durch die erhöhte Teilnahme der „unteren Schichten“ zustande kommt. Von den 3,05 Millionen registrierten Wählern nutzten am 13. Juni 08 45 Prozent die Gelegenheit, über den Vertrag abzustimmen, wie der staatliche Rundfunkt RTE berichtete. Damit war die Stimmbeteilugung höher als bei vorangegangenen EU-Abstimmungen in Irland.
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Geheime Lobbying-Gruppe im EU-Parlament aufgeflogen EU-Parlamentarier waren in geheimes Lobbying durch führende multinationale Unternehmungen involviert. Ihre Fraktionen waren angeblich nicht informiert. Die Parlamentarier waren handverlesen, um die Geschäftsinteressen des mittels des „The European Parliament and Business Scheme“ (EBPS) organisierten „Zusammenarbeit“ zu fördern. Angeführt wurde die Gruppe durch den Spanier Vidal-Quadras. Beteiligte Unternehmungen sind Gas de France, Telefonica, Thalys, British American Tobacco, Unilever, Ericsson, Microsoft, sowie weiteren Firmen. Die EBPS wurde durch den früheren Präsidenten des EU-Parlamentes, Pat Cox, gegründet, der heute als Berater und Präsident der Internationalen Europäischen Bewegung aktiv ist. http://www.eudemocrats.org/22/article/103/ Juni 12, 2008.
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Das Parlament in Den Haag billigt den EU-Vertrag Das niederländische Parlament hat am 5. Juni 08 mitgrosser Mehrheit den Vertrag von Lissabon zur Reform der Europäischen Union gebilligt. Die Parteien der christlich-sozialen grossen Koalition in Den Haag stimmten für den Vertrag und bekamen Unterstützung von den oppositionellen Liberalen. Die Sozialisten und einige kleinere Oppositionsparteien lehnten ihn jedoch ab. Ministerpräsident Jan Peter Balkenende hatte in den Debatten an den beiden Vortagen betont, der Lissabon-Vertrag unterscheide sich wesentlich vom früheren Entwurf einer EU-Verfassung. Dieser war vor drei Jahren unter anderem bei einer Volksabstimmung in den Niederlanden gescheitert. Der neue Text von Lissabon ist nach Darstellung der Regierung in Den Haag ein normaler EU-Vertrag, über den es kein weiteres Referendum geben muss. NZZ, 6.Juni 2008
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